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Rot- & Rehwild

Rothirsch (Cervus elaphus)
Andere bekannte Namen: Edelhirsch
Reh (Capreolus capreolus)
Rote Liste Deutschland 2007: Die Art ist derzeit nicht gefährdet.

Der Rothirsch ist nach dem Elch der größte heimische Wildwiederkäuer. Das männliche Tier wird Hirsch, das weibliche Hirschkuh oder waidmännisch einfach Tier genannt. Die Hirschbrunft zieht den Menschen schon seit Jahrhunderten in ihren Bann. Die Möglichkeit, in einem Waldgebiet die Hirschbrunft zu erleben, ist für viele Menschen ein Höhepunkt im herbstlichen Naturerleben.
Das Reh ist eine überwiegend auf dem europäischen Kontinent vorkommende Hirschart. In Mitteleuropa ist es der häufigste und gleichzeitig kleinste Vertreter der Hirsche. Das männliche Tier wird Bock, das weibliche Geiß genannt.

Rotwild und Rehwild verteilen sich, je nach den Lebensraumverhältnissen, unterschiedlich auf der Gesamtfläche ihres Lebensraums. In den Kerngebieten, die viele ihrer Lebensbedürfnisse abdecken, halten sie sich ganzjährig bevorzugt und in großer Zahl auf. In den Randgebieten, die weniger Schutz oder Nahrung bieten, findet sich eine geringere Zahl an Tieren.

Einstmals war das Verbreitungsgebiet des Rotwildes hierzulande fast flächendeckend. Heute wird außerhalb der jagdlichen Bewirtschaftungsbezirke den Rothirschen kein Lebensraum zugestanden. Wandern Tiere aus den Bewirtschaftungsbezirken ab, dürfen sie, mit Ausnahme besonders starker, junger Hirsche, geschossen werden. Der Einfluss der Rothirsche an der Waldvegetation, insbesondere an den nachwachsenden Wirtschaftsbaumarten Buche und Fichte, soll möglichst gering gehalten werden. Wird die Bestandsdichte größer, müssen Tiere abgeschossen werden. Bei der Jagd auf den Rothirsch bedient sich der Jäger verschiedener Lockinstrumente (z.B. Gehäuse der Tritonschnecke, Kuhhorn), die das Rufen der Hirsche sehr typisch nachahmen.

Vor allem waldreiche Bundesländer wie Hessen und Rheinland-Pfalz weisen größere Populationen auf. Der Alpenbogen ist ein großes zusammenhängendes Verbreitungsgebiet des Rothirsches, an dem vor allem Bayern Anteil hat. Bestandsschätzungen für Deutschland gehen von rund 180.000 Tieren aus.

Das Geweih der Rothirsche ist als Jagdtrophäe sehr begehrt. Die rudimentären Eckzähne im Oberkiefer erfahren ebenfalls eine hohe Wertschätzung und werden zu Schmuck verarbeitet.

Rothirsche kommen in mehreren Unterarten auf den 4 Kontinenten Europa, Asien, Afrika und Nordamerika vor. In Australien, Neuseeland, Argentinien und den USA wurden sie eingebürgert.

Europa

Im europäischen Areal unterscheidet man einen ost- und einen westeuropäischen Typus, die geografisch allerdings nicht scharf zu trennen sind. Rothirsche leben in Europa in vielen Ländern, allerdings in unterschiedlich dichter Verbreitung. Länder mit größeren Vorkommen sind Schottland, Deutschland, Spanien, die Alpenländer und die Länder Osteuropas, in Skandinavien kommen sie in Norwegen und Schweden vor.

In den baltischen Staaten und in den Ländern Osteuropas findet man sie überall unter Aussparung der waldfreien Gebiete (z.B. in der Ukraine). Im Südosten wird Kleinasien, der Kaukasus, die Krim und der Nordiran erreicht. Im südlichen Europa kommen Rothirsche auf Korsika und Sardinien als insulare Kümmerform vor. In Algerien und Tunesien wird das Atlasgebirge besiedelt.

Offenland und Wald

Der Lebensraum des Rothirsches reicht von Meereshöhe bis über die Baumgrenze der Hochgebirge mit jahreszeitlich abhängiger Nutzung. Der Rothirsch ist hinsichtlich seines Körperbaus, seiner Ernährungsweise und seiner Ausstattung mit Sinnesorganen ursprünglich ein Bewohner halboffener, waldarmer Steppenlandschaften. Er lebt deshalb auch in fast baumlosen Heide- und Graslandgebieten, z.B. in den Berglandheiden Schottlands, auf großen Panzerschießplätzen oder in den Schilfgebieten großer Seen. Seine Hauptverbreitung hat der Rothirsch jedoch in Waldgebieten mit Dickungen und eingestreuten waldfreien Flächen, in Gebirgswäldern, Heide- und Moorgebieten. Ursprünglich wanderten die Tiere im Herbst aus den Mittel- und Hochgebirgen weit in die Talregionen der großen Flüsse und Ströme (Isarauen, Donau, Rhein) ab.

Im europäischen Verbreitungsareal wird der Rothirsch aufgrund menschlicher Lebensraumbeanspruchung immer stärker in größere, geschlossene Waldgebiete zurückgedrängt. Dadurch sind mehr oder weniger isolierte Teilpopulationen entstanden.

Das Reh ist in den gemäßigten Klimazonen Europas nahezu lückenlos verbreitet, vom Meeresniveau bis 2400 m ü. N.N. in den Alpen. Küstenregionen, Tal- und Seenlandschaften, Bergregionen und sogar das Hochgebirge werden ausnahmslos genutzt. Sehr steile Hänge sagen dem Reh allerdings nicht zu, ebensowenig wie Kälte.

Wegen ihrer hohen Anpassungsfähigkeit ist das Rehwild in der Lage, die unterschiedlichsten Lebensräume erfolgreich zu besiedeln. In Waldlandschaften, dem ursprünglichen Lebensraum, nutzt das Reh in erster Linie Waldrandzonen, innere und äußere Grenzlinien und Waldwiesen und Lichtungen. Regelmäßig besiedelt werden aber auch von Offenland geprägte Regionen sowie von intensiver Landwirtschaft geprägte Bereiche. Der ideale Lebensraum des Rehs zeichnet sich durch Deckung und Äsung bietende, mosaikartige Wald- und Offenlandschaften aus, die durch ein Netz von kleineren und größeren Gehölzkomplexen durchzogen sind.

Zerstörung des Lebensraumes

Einzelne Rot- und Rehwildpopulationen werden durch Siedlungsgebiete, intensiv genutztes Kulturland und vor allem durch Autobahnen mit entsprechender Breite und Verkehrsdichte voneinander isoliert.

Zudem erfolgte in den letzten 30 Jahren eine Verkleinerung der Rot- und Rehwildgebiete, die vor allem durch forstwirtschaftliche Interessen vorangetrieben wurde, um die Wald-Wild-Konflikte zu minimieren. Hintergrund hierfür ist, dass konzentrierte und erhöhte Rothirschbestände zu land- und forstwirtschaftlichen Schäden und damit verbunden zu erheblichen ökonomischen Einbußen führen können.

Verschiedene Faktoren verschärfen die Situation zusätzlich. Beispielsweise führt eine zunehmend intensivere Nutzung des Waldes dazu, dass ein Großteil der für den Rothirsch und das Rehwild attraktiven Waldbereiche, wie z.B. Aufforstungsflächen nach Sturmwürfen, durch großflächige Einzäunungen als Nahrungsflächen nicht zur Verfügung stehen. Viele Waldbereiche sind nahrungsarme, mittelalte Rein- und Mischbestände, überwiegend aus Buchen und Fichten. Nur die nach der Holznutzung eintretende Verjüngung des Waldes schafft für Rot- und Rehwild gute Deckungsmöglichkeiten und damit Konzentrationspunkte.

Störung durch Natursportler

Ein weiteres Problem liegt in der Freizeitnutzung des Waldes und den damit verbundenen Störungen der Wildtiere. Der Mensch ist für das Wild eine unkalkulierbare Störgröße in seiner Umwelt, weil er kein typisches Verhalten entwickelt, sondern jederzeit an jedem Ort auftauchen kann. Die Wälder durchzieht ein dichtes Netz von Wegen und Straßen, die von Spaziergängern, Skiläufern, Radfahrern, Reitern und Autos frequentiert werden. Pilz- und Beerensucher verlassen auch die Wege und tragen damit zu einer erheblichen Verunsicherung der Wildtiere bei.

Folgen der Störung

Da Rothirsche aufgrund der Bejagung den Menschen fürchten, fliehen sie bei der Wahrnehmung des menschlichen Geruchs, unabhängig, ob ihnen dabei tatsächlich Gefahr droht oder nicht. Dies bekommt der störende Mensch gar nicht mit, denn zu diesem Zeitpunkt hat er das Gelände meist schon wieder verlassen und ist sich deshalb keiner Störung bewusst.
Die Hirschkühe sind dabei noch störanfälliger als Hirsche. Insbesondere zur Jagdzeit, die sich in der Regel von Juni/Juli bis Ende Januar erstreckt, sind die Tiere besonders scheu. Besonders problematisch ist es, wenn sich Menschen in den Ruhebereichen der Rothirsche (Einständen) bewegen.

Rothirsche versuchen durch eine entsprechend zeitlich-räumliche Nutzung ihres Lebensraums Gefahren aus dem Weg zu gehen und von vornherein zu meiden.
An häufig auftauchende, als ungefährlich erkannte Störgrößen können sie sich gewöhnen und reagieren mit einer geringeren Fluchtdistanz und einer geringeren Fluchtweite. Wenn Menschen immer auf den gleichen Wegen bleiben, können sich die Rothirsche durch Lernprozesse gut an die unterschiedlichen Störreize und Gefahren anpassen. Sie lernen, Gefahren richtig einzuschätzen. Aber bereits ein einzelner Mensch, der sich nicht an das Wegegebot hält, kann diese Gewöhnung wieder zunichte machen.

Das Meideverhalten bestimmt wesentlich die Nutzung des Lebensraumes. Häufig gestörte Waldbereiche werden vom Wild gemieden. Das Wild muss sich dann auf kleinen Flächen konzentrieren. Wenn Wildbestände durch starke Störungsbelastungen tagsüber gezwungen werden, in den dichten Waldbeständen zu bleiben, decken sie ihren Nahrungsbedarf, indem sie von den jungen und dichten Gehölzbeständen die Rinde abschälen. Bevorzugte Nahrungsflächen wie z.B. Talwiesen werden dann bevorzugt nachts aufgesucht. Meideverhalten führt somit zu einer Einschränkung der zeitlich-räumlichen Lebensraumnutzung.

Unfälle an Drahtzäunen, an Straßen oder Abstürze im Gebirge kommen immer wieder vor. Tieffliegende Helikopter und tieffahrende Heißluftballone können bei Rot- und Rehwild panikartige Fluchtreaktionen auslösen. In den Wintermonaten können wiederholt auftretende Fluchten über weite Distanzen dazu führen, dass der damit verbundene Energieverbrauch nicht durch zusätzliche Nahrungsaufnahme ausgeglichen werden kann.

Klima

Um strenge Winter besser überleben zu können, wandern die Rothirsche in tiefere Lagen ab. Dies ist ihnen aber mittlerweile in den meisten Landschaften aufgrund der menschlichen Besiedlung und Landschaftszerschneidung durch Straßen verwehrt. Vor allem spät gesetzte Kälber sowie kranke und alte Tiere sterben in starken Wintern mit hart gefrorenem Schnee (Harsch) oder Tiefschnee. Hierbei wirkt der Winter auch als natürliche Auslese und fördert die Gesundheit der Population.

Paarung

In der Paarungszeit werden immer wieder einzelne Hirsche bei Brunftkämpfen durch das Geweih ihrer Gegner verletzt oder gar tödlich getroffen. Dies geschieht vor allem dann, wenn die Geweihenden eines Hirsches besonders lang ausgebildet sind oder der Kampf sehr heftig ausgetragen wird.  

In den Hochgebirgen können Verluste durch Steinschlag, Absturz und Lawinen eintreten; in Flussauen stellt Hochwasser eine Gefahr dar.
Unter den natürlichen Verlusten spielen Krankheiten nur eine untergeordnete Rolle.
In vielen natürlichen Gebieten ist die Jugendsterblichkeit mit über 30 % aller Kälber im ersten Jahr sehr hoch.

Lebensraum erhalten

Das Rot- und Rehwild kann dauerhaft nur überleben, wenn sich der Mensch für den Erhalt seines Lebensraums einsetzt und ggf. eigene Interessen unterordnet.

Durch eine Steigerung des natürlichen Nahrungsangebots z.B. durch den Erhalt und die Neuanlage von Waldwiesen, eine an den Bedürfnissen dieser Tierart ausgerichteten Forstwirtschaft und Jagd sowie die Schaffung von Waldruhezonen werden die Lebensraumbedingungen für Rothirsche verbessert.

Das Bundesjagdgesetz schreibt vor, einen den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten, artenreichen und gesunden Wildbestand zu erhalten sowie dessen Lebensgrundlage durch Gestaltung und Verbesserung seines Lebensraums zu sichern. Die Wildarten sollen so erhalten werden, dass der von ihnen ausgehende, natürliche Einfluss auf den Lebensraum eine ordnungsgemäße Land- und Forstwirtschaft nicht beeinträchtigt.

Jagd einschränken

Eine artgemäße Bestandshöhe und Sozialstruktur ist nur durch eine großflächige, zeitlich eng umgrenzte Bejagung mit professionellen Jägern möglich. Dies erfordert eine Kooperation aller in Hegegemeinschaften organisierten Jagdausübungsberechtigten. Es ist eine komplexe Aufgabe, in einem dicht besiedelten und hochindustrialisierten Land wie Deutschland den Lebensraum für große Säugetiere zu erhalten. Sie erfordert ganzheitliche Ansätze und Einsichten in Zusammenhänge, die sich aus der faszinierenden Biologie dieser Wildart, den jeweils unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten und den Ansprüchen der Menschen ergeben.

Wegeleitsystem

Dem Schutz der Wildtiere dient eine attraktive Gestaltung der ausgewiesenen Wege für die Erholungssuchenden. Die Wegedichte muss an die örtlichen Gegebenheiten angepasst sein und die Ruhebedürfnisse der Wildtiere berücksichtigen.

Bei der Anlage von Wander- und Radwegen sowie Loipen in Mittelgebirgen ist auf einen ausreichenden Abstand von den Wildeinstandsgebieten zu achten.

Wildruhezonen mit entsprechendem Betretungsverbot können die Situation für die Rothirsche entschärfen. Ein störungsfreies Verhalten bei Rot- und Rehwild ist dann gewährleistet, wenn je nach Versteckmöglichkeiten zwischen der Störgröße und den Wildtieren mindestens 300 – 500 m als Abstand zugrunde gelegt werden.

Systematik

Klasse: Mammalia (Säugetiere)
Ordnung: Artiodactyla (Paarhufer)
Familie: Cervidae (Hirschartige)
Rotwild
Unterfamilie: Cervinae (Echthirsche)

Rehwild
Unterfamilie: (Capreolinae) Trughirsche

Aussehen von Rotwild

Die Tiere haben einen muskulösen Körper mit langen, kräftigen Beinen. Der Kopf wirkt langgestreckt, die Ohren sind sehr groß und halb so lang wie der Kopf. Beim Hirsch ist die Halsbehaarung zu einer 10 – 15 cm langen, zottigen Mähne ausgebildet. Sie bildet sich bereits ab August und wirkt gerade zur Paarungszeit im September/Oktober imponierend. Sie ist wie das Geweih ein sekundäres Geschlechtsmerkmal und dient als vorbeugender Schutz vor Verletzungen des Halses bei den Geweihkämpfen konkurrierender Hirsche.
Der Schwanz (Wedel) ist kurz, etwa halb so lang wie das Ohr. Das Hinterteil (Spiegel) ist gelbbraun behaart mit schwärzlicher Umrahmung und rot abgesetzt.

Mit dem Haarwechsel im Frühjahr, der in der zweiten Aprilhälfte beginnt, geht auch ein Farbwechsel des Felles einher. Das dichte, graue Winterhaar fällt büschelweise aus. Erst nach dem Gebären der Kälber im Juni ist der Haarwechsel der Muttertiere abgeschlossen. Dabei wird das graue Winterfell gegen das rotbraune Sommerfell getauscht. Wegen der deutlichen Farbe spricht der Jäger von „Rotwild“.

Im Sommer ist die Unterseite fahlrot bis gelblich, während die Oberseite vor allem bei den Kühen zu ihrer rotbraunen Farbe oft noch schwach angedeutete Punkte aufweist (Kälberfleckung). Der Kopf behält eine graue Grundfarbe bei. Die Unterseite der Hirschkuh ist meist heller als die der Hirsche und geht im hinteren Bereich von hellgrau in weiß über. Der herbstliche Haarwechsel vollzieht sich zwischen Anfang September und Ende Oktober. 

Geweihe tragen nur die Hirsche. Sie dienen zum Imponieren und werden in der Paarungszeit beim Kampf um brünstige Weibchen eingesetzt. Mit den rückwärts gebogenen Geweihstangen messen die Rivalen durch Schiebekämpfe ihre Kräfte.
Das Geweihwachstum geht von den zum Stirnbein gehörenden „Rosenstöcken“ aus. Diese werden mit zunehmendem Alter des Hirsches breiter und niedriger. Auf ihnen wachsen jedes Jahr zwischen dem Abwurf im Frühjahr (März/April) und der Fertigstellung im Spätsommer (Juli/August) knöcherne Geweihstangen.
Der Aufbau des Geweihs wird vom männlichen Geschlechtshormon Testosteron bestimmt. Im Bastgeweih (frisches Geweih) lässt sich ein hoher Testosterongehalt nachweisen. Ist der Testosteronspiegel am niedrigsten, wird das Geweih abgeworfen. Dies geschieht durch die Auflösung von Knochenzellen an bestimmten Sollbruchstellen auf den Stirnfortsätzen.

Für den Aufbau der bei jungen und alten Hirschen sehr unterschiedlichen Geweih-Knochenmasse benötigen junge Hirsche 60 – 90 Tage, alte dagegen 90 – 130 Tage. Alte Hirsche bilden meist stärkere Geweihe, die bei voller Ausbildung mindestens 5 Enden in jeder Geweihstange aufweisen. Die Stangen sind sehr stabil gebaut, können aber zumindest an den Enden auch abbrechen, vor allem bei den mitunter sehr heftigen Kämpfen. Sie sind innen porös und bleiben auch nach der Fertigstellung schwach durchblutet. Während des Wachstums sind sie von einer weichen Basthaut überzogen, in der Blutbahnen mit entsprechendem Baustofftransport (Kalzium, Magnesium) und Nerven verlaufen. Nach Beendigung des Geweihwachstums wird der vertrocknete Bast abgefegt.
Die Größe des Geweihs ist vom Alter und vom Gesundheitszustand des Tieres abhängig. Es gibt aber auch regionale Unterschiede. Hirsche, die in Gebieten mit armen Sandböden leben, haben beispielsweise kleinere Geweihe als ihre Artgenossen auf nährstoffreichen Basaltböden.

Im 12. bis 14. Lebensmonat, also von Juni – August des auf die Geburt folgenden Jahres, beginnen die jungen Hirsche, ihr Erstlingsgeweih zu bilden. Das sind normalerweise einfache Spieße, die gegen Ende ihres 2. Lebensjahres im Mai/Juni wieder abgeworfen werden. Im zweiten Geweih werden in jeder Geweihstange bereits 3 – 4, selten auch mehr Enden ausgebildet. Ältere Hirsche können Geweihe mit bis zu 20 oder noch mehr Enden haben, die sich durch Verzweigungen vor allem am Stangenende ergeben.
Mit 5 – 6 Jahren sind die Hirsche körperlich ausgewachsen. Dann haben sie mehr Energie übrig für die alljährliche Geweihbildung, die bei Hirschen im Alter von 8 – 14 Jahren meist am stärksten, d.h. am schwersten sind.

Rothirschkühe weisen ein deutlich niedrigeres Körpergewicht auf und haben auch eine geringere Körpermasse. Während ein Hirsch 160 – 260 kg wiegen kann, erreichen die Kühe 90 – 150 kg Lebendgewicht. Die Schulterhöhe erreicht bei Kühen 105 cm, bei Hirschen bis zu 135 cm.

Altersabhängig verändern sich bestimmte Körpermerkmale, vor allem bei den Männchen. Kälber sind im Sommerfell an den weißen Punkten zu erkennen. Erst im Alter von etwa einem Jahr sind weibliche von männlichen Kälbern sicher zu unterscheiden. Jungtiere sind an ihren Körperproportionen (gleichmäßige Verteilung der Körpermasse), an ihrem zeitigen Haarwechsel im Frühjahr und Herbst und an ihrem Verhalten von älteren Tieren zu unterscheiden. Junge Hirsche haben eine gerade Rückenlinie, tragen den Hals aufsteigend und den Kopf erhoben. Mit zunehmendem Alter verlagert sich der Körperschwerpunkt in das vordere Körperdrittel, auf den Schulterbereich und das Vorderbein.

Aussehen von Rehwild

Ausgewachsenes Rehwild hat eine durchschnittliche Körperlänge von 93 bis 140 Zentimeter und erreicht eine Schulterhöhe zwischen 54 und 84 Zentimeter. Rehwild  wiegt je nach Ernährungszustand zwischen 11 und 34 Kilogramm.
Die keilförmige Körperform ist dem lautlosen Durchwinden von dichter Vegetation angepasst. Die Beine sind im Verhältnis zum Rumpf zierlich und lang, die Hinterläufe sind im Sprunggelenk stark eingeknickt und die gut entwickelte Oberschenkelmuskulatur ermöglicht Rehen weite und hohe Sprünge.

Das Fell der Rehkitze ist rotbraun und weist zunächst eine weiße Punktierung auf dem Rücken und auf den Flanken auf. Diese weiße Fleckenzeichnung wird ab einem Alter von einem Monat allmählich undeutlicher und verschwindet bis zum Alter von zwei Monaten durch das Überwachsen durch rote Sommerhaare. Unter dem langen roten Haaren sind die weißen und braunen Kitzhaare noch bis zum Wechsel in das Winterhaarkleid vorhanden.

Ein Geweih tragen beim Rehwild nur die Böcke. Das Geweih besteht aus zwei runden bis ovalen Stangen, die bei Böcken durchschnittlich eine Länge von 15 bis 20 Zentimeter erreichen. Im Normalfall weist jede Stange eines normal entwickelten, älteren Bockes drei Enden auf: Eine sogenannte Vordersprosse sowie das eigentliche Stangenende, auch Mittelsprosse genannt, und eine in der Höhe zwischen beiden liegende Hintersprosse.
Die wichtigste biologische Funktion des Geweihes liegt im Ausfechten und Verteidigen der Rangordnung. Die Kolbenenden sind mit Duftdrüsen versehen und produzieren außerdem bis zum Fegen der Basthaut ein Sekret, das an der Vegetation abgestreift wird.
Frisch gefegte Geweihe erkennt man an der weißen oder vom anhaftenden Blut leicht geröteten Farbe. Durch das Fegen an Bäumen und Sträuchern dringen Rinden- und Pflanzensäfte in die Poren der Stangen ein, dadurch erhält das Geweih seine Farbe. Das Fegen des Geweihs schadet den Bäumen: Böcke nutzen dafür bevorzugt alleinstehende Stämmchen und Randpflanzen, die Fegefreudigkeit der einzelnen Böcke ist individuell verschieden.
Die Entwicklung des Geweihs ist eine Überschussproduktion des Körpers und neben dem Alter der Böcke spielen auch äußere Faktoren wie die Ernährung eine nicht zu vernachlässigende Rolle.
Erst nach dem Abschluss der körperlichen Entwicklung des Bocks kann die Geweihentwicklung ihren Höhepunkt erreichen. Das Geweih kann dann bis zu 600 Gramm wiegen.

Fortpflanzung von Rotwild

Hirsche werden noch vor Vollendung ihres 2. Lebensjahres mit 17 – 19 Monaten geschlechtsreif. Normalerweise können sie sich jedoch erst mit 5 – 6 Jahren regelmäßig an der Fortpflanzung beteiligen. Nur die älteren, starken Hirsche können ein Weibchenrudel für sich behaupten.

Die während des Geweihwachstums gesellig lebenden Hirsche werden mit der Fertigstellung der Geweihe zunehmend unverträglich gegenüber ihren Artgenossen. Die älteren Hirsche sondern sich zuerst aus dem Hirschrudel ab und suchen die Weibchenrudel auf, um ihren Harem zu bewachen. Die Führung des Weibchenrudels bleibt jedoch auch bei Anwesenheit eines Hirsches beim Leittier.

Immer wieder unternehmen einzelne Hirsche weite Wanderungen über viele Kilometer, um zu traditionellen Paarungsplätzen (Brunftplätzen) zu gelangen. Diese Brunftplätze werden auf verschiedene Art in Besitz genommen. Bekannt ist vor allem das Röhren, ein weit hörbares Rufen. Sie hinterlassen aber auch Duftmarken aus Drüsensekret und Harn und bringen optische Markierungen, z.B. Bodenmulden und Schlammbadestellen (Suhlen), an.

Zum Markieren benutzt der Rothirsch außerdem das Sekret der Voraugendrüse, die zur Paarungszeit deutlich vergrößert ist. Beim Röhren ist sie weit geöffnet und verströmt dabei den Individualgeruch des Hirsches.

Mit dem Geweih schlägt der Hirsch an Bäume, wobei sich die Geweihstangen mit dem Eindringen der Pflanzensäfte aus den verwundeten Rindenabschnitten zunehmend dunkel färben und glattgerieben werden. Starken Bäumen schlitzen sie mit den spitzen Enden ihres Geweihs die Rinde auf. Gegenüber gleichaltrigen Herausforderern verhält der Platzhirsch sich äußerst aggressiv. Auch jüngere Hirsche werden auf Distanz gehalten und nur selten geduldet.

Die Häufigkeit und Härte der Kämpfe, bei denen sich meistens etwa gleichstarke Rivalen messen, ist umso größer, je mehr Hirsche da sind, je weniger Weibchen auf einen Hirsch entfallen und je höher der Anteil älterer Hirsche in der Population ist. Weicht keiner der Rivalen dem anderen nach dem Imponieren aus, kämpfen die Rivalen mit den Geweihen, indem diese gegeneinander geschlagen werden. Durch gegenseitiges Hin- und Herschieben messen die Kontrahenten ihre Kräfte. Der sich unterlegen fühlende Hirsch löst sich schnell aus der Bindung der Geweihe. Er wird kaum verfolgt. Tödlichen Ausgang können solche Geweihkämpfe haben, wenn der Unterlegene nicht schnell genug ausweicht, oder wenn sich beide Hirsche untrennbar mit ihren Geweihen verkämpfen, erschöpfen und anschließend verhungern.

Der Hirsch ist bemüht, das Weibchenrudel zusammenzuhalten. Sich entfernende Tiere werden zurückgetrieben. Dabei überholt der Hirsch eine Kuh seitlich, droht mit dem Eckzahn, schreitet imponierend breitseitig an dieser vorbei und treibt sie unter Rufen zum Rudel zurück.

Die Kühe geben mit ihrem Urin Sexuallockstoffe ab, die dem Hirsch, der die Tiere ständig auf ihren Geruch hin kontrolliert, den richtigen Zeitpunkt für die Paarung kundtun. Der Hirsch registriert die Paarungsbereitschaft durch Riechen und Belecken des Hinterteils der Kühe. Beim richtigen Zeitpunkt kommt es zu einem Paarungslauf, bei dem die Hirschkuh nicht ausweicht. Bei einem Geschlechterverhältnis von 1 : 1, einem ausreichenden Anteil älterer Hirsche in der Population sowie einer gleichmäßigen Verteilung der Hirschkühe auf verschiedene Rudel läuft die Paarungszeit ohne größere Turbulenzen in relativ kurzer Zeit ab. Entfallen nicht zu viele Kühe auf einen Hirsch, dann werden alle Tiere bereits bei ihrem ersten Eisprung begattet. Dies hat verschiedene Vorteile: die kräftezehrende Brunft geht schnell zu Ende, die Hirsche verschwenden vor dem herannahenden Winter nicht zuviel Energie und die Kälber werden im kommenden Frühjahr frühzeitig geboren.

Die Jungen werden nach 34 – 35 Wochen Tragzeit im Mai/Juni des Folgejahres geboren. In der Regel bekommt die Hirschkuh nur ein Kalb. Zum Gebären setzt sich ein Muttertier vom Rudel ab. Das Geburtsgewicht der Kälber beträgt im Durchschnitt etwa 8 kg. Die Kitze können der Mutter bereits wenige Stunden nach der Geburt folgen. Doch anfangs wird das Kalb nur zum Säugen aufgesucht.

Es bleibt jedoch mit der in der Nähe äsenden Mutter über ein „Duftband“ verbunden. Das Muttertier hält sich stets unter Wind (leeseitig) vom Kitz auf, welches Duftstoffe von der geöffneten Voraugendrüse aussendet. Wenn Gefahr droht, warnt die Hirschkuh. Daraufhin schließt das Kitz die Voraugendrüse, um keine Witterung für einen nahenden Feind abzugeben. Das Duftband zum Muttertier wird dann unterbrochen. Erst wenn die Gefahr vorüber ist, öffnet das Kitz wieder die Voraugendrüsen und sendet Duftstoffe, um den Kontakt zur Mutter wiederherzustellen.

Ab Juli folgt das Kalb der Mutter bei der Nahrungssuche und bleibt mit der Mutter im Rudel. Hier lernt es gleichaltrige Artgenossen kennen, mit denen es ausgiebig herumtollt. Hirschkühe halten mit ihren Kälbern ständig Stimmfühlung durch verschiedene Laute. Im Sinne der Arbeitsteilung im Rudel werden oft „Kälbergärten“ gebildet: Nur wenige Mütter bewachen alle Jungtiere ihres Rudels, während die übrigen Mütter fressen können.

Obwohl bis in den Winter hinein gesäugt wird, wird das ältere Kalb langsam entwöhnt. Erst nach etwa einem Jahr werden die Kälber selbstständig.

Hirschkühe können bis ins hohe Alter Junge gebären. Die natürliche Altersgrenze der Rothirsche liegt bei 18 – 20 Jahren. Eine Altersbestimmung kann man anhand der Geweihbildung, des Zahnwechsels und des Zahnabschliffs vornehmen.

Bedingt durch die Bejagung erreichen allerdings nur selten einzelne, heimliche Tiere dieses natürliche Höchstalter. Stark bejagte Rotwildbestände unserer Kulturlandschaften haben im Vergleich zu natürlichen Beständen deutlich weniger ältere Tiere. In natürlichen, vom Menschen unbeeinflussten Populationen ist die Jugendsterblichkeit sehr hoch und dadurch der Anteil älterer Tiere an der Gesamtpopulation deutlich höher. Hirsche erleiden durch die Brunftkämpfe und durch eine allgemeine Kräftezehrung in der Brunftzeit höhere Verluste als die Kühe in darauffolgenden, strengen Wintern. Die Natur versucht, diese höhere Sterblichkeit der Hirsche durch ein etwas zugunsten der männlichen Kälber verschobenes Geschlechterverhältnis bei der Geburt auszugleichen.

Jedes Jahr im Frühjahr werfen die Hirsche ihr Geweih als tote Knochenmasse ab. Dies ist sinnvoll, denn bei den Kämpfen im Herbst brechen immer wieder Teile der Geweihstangen ab und würden irgendwann ihre Funktion nicht mehr erfüllen können. Oft erfolgt das Abwerfen beider Stangen nicht gleichzeitig. Meist fällt die verbliebene Stange binnen 3 Tagen und kann dementsprechend weit von der Abwurfstelle der zuerst abgeworfenen Stange liegen.

Nach dem Abwerfen haben die Hirsche anfangs Gleichgewichtsstörungen. Die Halsmuskulatur stellt sich erst allmählich auf Entlastung des Kopfes ein, der nun bis zu 9 kg weniger Gewicht trägt. Nach dem Abwerfen sinken die Hirsche in ihrem Rang innerhalb des Rudels. Kurzfristig dominieren die jüngeren, noch geweihtragenden Hirsche. Wenn das Geweih im August wieder fertiggestellt ist, sind die Hirsche sehr unauffällig. Sie sammeln Kräfte für die bevorstehende, kräftezehrende Brunft.

Fortpflanzung von Rehwild

Meist werden 2 Kitze geboren, die im Mai und Anfang Juni zur Welt kommen. Während der ersten beiden Lebensmonate haben sie den Reflex, sich bei Gefahr zu ducken und bewegungslos zu verharren. Ihr geflecktes Fell ist eine vorzügliche Tarnung.
Der Jährlingsbock wird von seinem Vater und anderen territorialen Böcken verjagt und geht auf die Suche nach einem freien Revier. Die junge Geiß verbringt dagegen oft ihre erste Brunft auf dem Territorium der Familie in Gesellschaft ihres Vaters.
Man hat bei Rehpopulationen eine Selbstregulation nachweisen können. Je höher die Populationsdichte, desto geringer ist das Körpergewicht der Tiere (Nahrungskonkurrenz). Die Fortpflanzungsquote sinkt folglich mit zunehmender Populationsdichte.
Die Kitze bleiben den ganzen Winter über bei den Müttern und verlassen sie erst im folgenden Frühjahr im Alter von 10 Monaten.

Nahrung von Rot- und Rehwild

Der natürliche Fressrhythmus ist für den Wiederkäuer Rothirsch wichtig, um seine Magenflora am Leben zu erhalten und eine kontinuierliche Energieversorgung zu gewährleisten. Der tägliche Zeitaufwand für das Fressen beträgt insgesamt 7 – 10 Stunden in 5 – 6 Fressperioden. Der erforderliche Wasserbedarf von 7 – 9 l wird mit dem Tau und an Gewässern aufgenommen.

Im Unterschied zum Reh, das jeweils nur die eiweißreichsten Triebe und Blätter bevorzugt, ist der Rothirsch weniger wählerisch. Innerhalb seines Verbreitungsgebiets werden über 300 verschiedene Pflanzenarten gefressen. Dazu gehören neben den bevorzugt gefressenen Gräsern und Kräutern auch Triebe, Blätter, Flechten, Pilze, Baumfrüchte wie Eicheln, Kastanien und Bucheckern, Wildobst, Baumrinde und Zwergsträucher. Über die Wintermonate überwiegt die grasreiche, eiweißarme Kost. In Zeiten der Trächtigkeit und des Geweihaufbaus wird ein höherer Anteil eiweißreicher Nahrung benötigt.

Das Reh hat bei der Auswahl der Nahrung eher den Ruf eines Feinschmeckers, das seine Nahrung sorgfältig auswählt - insbesondere nährstoffarme, leichtverdauliche Nahrung wird bevorzugt.
Die Hauptnahrung besteht aus Gräsern und Kräutern sowie aus halb oder ganz verholzten Trieben von Sträuchern und jungen Bäumen. Auch Brombeeren und andere Beeren sind im Nahrungsspektrum wichtig.
Der Tagesablauf ist durch 6-8 Aktivitäts- und Ruheperioden gekennzeichnet (Nahrungsaufnahme und Wiederkäuen). Während des Tages ernährt sich das Reh vor allem im Wald, nach der Dämmerung äst es in der offenen Landschaft. Im Frühjahr suchen Rehe oft unabhängig von der Tageszeit auch außerhalb des Waldes nach frischem Grün.

Baumrinde sowie die Knospen, Triebe und Blätter von Bäumen und Sträuchern gehören ganzjährig zur artspezifischen Nahrung des Rot- und Rehwilds dazu. Mit dieser Art der Ernährung üben Rot- und Rehwild Einfluss auf die Waldvegetation aus. Bäume in dichten Waldbereichen, die durch Rindenfraß geschwächt sind, sterben frühzeitig ab. Dadurch werden lichtliebende Arten gefördert und kleinräumig besonders artenreiche Mosaike in der Artengemeinschaft des Waldes geschaffen oder erhalten.

Natürliche Feinde des Rot- und Rehwilds

Natürliche Feinde des Rot- und Rehwildes sind Wolf, Luchs, Vielfraß und Braunbär. In den naturnahen Verbreitungsgebieten des Rothirschs (z.B. in den Karpaten) spielen diese Jäger vor allem bei den Kälbern und kranken Tieren eine wichtige Rolle. Frisch geborene bzw. wenige Tage alte Kälber können gelegentlich auch dem Steinadler, Wildschweinen oder dem Fuchs zum Opfer fallen.

Verhalten des Rot- und Rehwilds

Rothirsche sind mit guten Sinnesorganen ausgestattet. Sie haben einen besonders gut ausgebildeten Riech- und Hörsinn, aber auch ihr Sehsinn ist gut entwickelt. Rothirsche sind mit ihren kräftigen Beinen schnelle, ausdauernde Läufer, können hoch und weit springen, im Gebirge gut klettern und selbst in starker Strömung ausdauernd schwimmen.

Rot- und Rehwild ist tag- und nachtaktiv, weil Sie als Wiederkäuer häufig fressen müssen. Vor allem in der Morgen- und Abenddämmerung ist die Aktivitätsperiode besonders ausgedehnt. In vom Menschen stark gestörten Gebieten werden die täglichen Aktivitätsperioden zugunsten nächtlich ausgedehnter Phasen stark unterdrückt. In ausgedehnten Ruhephasen käuen die Tiere wieder, dösen, betreiben Fellpflege oder festigen soziale Bindungen innerhalb des Rudels.  

Über das Jahr verteilt nutzen Rothirsche verschiedene Bereiche ihrer Streifgebiete. Im Winter nutzen sie die Besonnung von Südhängen aus. Zu Zeiten des Geweihaufbaus nutzen die Hirsche mit den empfindsamen Geweihen vor allem offenere Waldbereiche, in denen ihre Basthaut weniger verletzungsanfällig ist.

Die Kühe halten sich mit ihren Jungen getrennt von den Hirschen in nahrungsreichen Gebieten mit Waldwiesen, Blößen und lichten Einständen auf. In heißen Sommern werden vor allem kühle, nordseitige Waldpartien aufgesucht, besonders wenn im Gebiet viele Stechmücken vorkommen. In Hitzeperioden kühlen sich die Tiere tagsüber in Schlammbädern oder direkt im Bachbett ab. Oft dick verschlammt, scheuern sie sich an Bäumen (Malbäume) und werden auf diese Weise einen Teil ihrer Parasiten, wie Hirschlausfliegen oder Zecken, wieder los.

Rothirsche sind in wintermilden Gebieten des Flachlands im Allgemeinen recht standorttreu. Doch kommen in jeder Population auch sehr wanderfreudige Individuen vor, die zwischen den benachbarten Populationen hin und her ziehen. Saisonale Wanderungen sind vor allem für das Hochgebirge und in schneereichen Mittelgebirgen bekannt. Bei großen Schneehöhen und harten Winterbedingungen verlassen die Tiere die Hochlagen und suchen mildere Tallagen auf. In früherer Zeit wanderten die Hirsche beispielsweise jeden Herbst nach der Brunft aus dem Karwendelgebirge bis in die Isarauen bei München. Von dort kehrten sie mit der Schneeschmelze in die Berge zurück.

Das Reh ist ein territoriales Tier, d.h. es verteidigt das eigene Territorium gegen andere Tiere der gleichen Art und hält Nahrungs- und Sexualkonkurrenten auf Distanz. Es lebt solitär, in matriarchaler Gemeinschaft oder in Familien. Außerhalb der Fortpflanzungszeit, besonders im Winter, besteht eine Tendenz zur Geselligkeit. Der Bock wird im April territorial. Er verteidigt dann seinen Aktionsraum von durchschnittlich 30 ha (stark von der Populationsdichte abhängig) gegen eindringende Nachbarn, indem er mittels zwischen den Zehen befindlicher Drüsen am Boden und frontaler Drüsen an Büschen und Ästen Marken anbringt. Kämpfe sind selten; Auseinandersetzungen bestehen vor allem aus Einschüchterungsritualen ohne Körperkontakt.
Die Rehgeiß wird vor dem Setzen (Gebären) territorial. Sie verteidigt ihr Territorium, das kleiner als das des Bockes ist, gegen andere Weibchen, um sich den bestmöglichen Lebensraum zur Aufzucht der Kitze zu sichern. Verwandte Rehgeißen, z.B. Mutter und Tochter, können ihre Setzplätze sehr nahe beieinander haben.