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Wellenreiten

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wird der Wert der weltweiten Surfindustrie geschätzt.
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lang ist die längste Welle der Welt. Sie heißt „Chicama“, liegt in Peru, und macht einen Ritt von ca. 5 Min. möglich.
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Surfer*innen sind weltweit unterwegs. 67 % surfen mindestens einmal die Woche.
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wurde schätzungsweise bereits in Polynesien gesurft.
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wird Surfen mit der Disziplin Shortboarding in die Olympischen Sommerspiele temporär aufgenommen.
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der Surfer*innen geben in einer Studie an, ein höheres Umweltbewusstsein durch das Wellenreiten zu bekommen.

Die folgenden Inhalte wurden in Zusammenarbeit mit dem DWV erstellt.

Wellenreiten – auch Surfen auf Englisch genannt – ist eine „gleitende Bewegung über eine Wasserfläche und wird in der Regel an Küsten und seltener auf Flüssen oder Seen ausgeübt“. Für die Ausübung des Sports werden lediglich ein Surfbrett, etwas Surfwachs und eine Leash (eine etwa 2 m lange Schnur, welche das Surfbrett mit dem Bein der Surfernden verbindet) benötigt. Je nach Wassertemperatur kann es zudem sinnvoll sein, einen Neoprenanzug zu benutzen (1).

(1) Astinus, A.D. (2015). Die neun gefährlichsten Sportarten der Welt: Die ganze Welt des Sports – Von Eistauchen bis Fallschirmspringen. neobooks.

Entsprechend der, durch die NGOI Sustainable Surf durchgeführten Deep Blue Studie, ruft Wellenreiten bei 84 % der Befragten ein hohes Umweltbewusstsein hervor, weil die Auswirkungen der Umweltverschmutzung - speziell die Verschmutzung durch Plastikmüll in den Weltmeeren - direkt erlebt werden. 86 % bemühen sich daher um ein ganzheitlich-umweltfreundliches Verhalten wie z.B. durch Müllvermeidung, Recycling und den Kauf lokaler Produkte. Rund 10 % der Wellenreiter*innen beteiligen sich darüber hinaus auch an CO2-Kompensationen, um den erhöhten CO2-Fußabdruck aufgrund der langen Anreisen zu verkleinern, die oftmals mit der Ausübung des Surfsports verbunden sind (2). Ebenfalls ist in kaum einer Sportart der Community-Gedanke so stark verbreitet wie beim Wellenreiten, sodass bereits zahlreiche NGOs und Kampagnen in Bezug auf die Umweltaufklärung aus der Surfer-Szene entstanden sind (2, 3). Das Zukunftsinstitut spricht bereits vom Social Surfer Trend (3). Um aktiv einen Beitrag zum Umweltschutz und besonders zum Schutz der Ozeane zu leisten, werden folgende Verhaltensregeln von Sustainable Surf und der Surfrider Foundation vorgeschlagen (2, 3, 4):

  1. Achte beim Kauf von Surfmaterial/-zubehör/-kleidung auf eine nachhaltige Herstellung und nachhaltige Materialien (z.B. Surfboards aus Holz statt Plastik oder umweltfreundliches Surfwachs).
  2. Nutze zur Anreise, wenn möglich, öffentliche Verkehrsmittel, gründe Fahrgemeinschaften und denke darüber nach, deine CO2Emissionen zumindest zu kompensieren.
  3. Recycle, upcycle, verwende Materialen wieder und vermeide Müll so weit wie möglich.
  4. Nimm Müll am Strand mit, nachdem du Surfen warst, oder nimm aktiv an organisierten Beach Clean Ups teil.
  5. Halte insgesamt das Wasser und auch das Ufer sauber.
  6. Halte dich von Meerestieren möglichst fern und surfe auf keinen Fall an bekannten Ruheplätzen oder Brutgebieten von Wildtieren.

(2) Sustainable Surf. (2018). Results of the Deep Blue Survey. Zugriff am 31.08.2020 unter: https://sustainablesurf.org/2018/08/results-of-the-deep-blue-survey/

(3) ZukunftsInstitut. (2018). Social Surfer: Wellenreiten mit Mission, erschienen in: Die neuen Trendsetter 2013. Zugriff am 31.08.2020 unter: https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/sport/social-surfer-wellenreiten-mit-mission/

(4) Surfers Against Sewage. (2011). Sustainable Guide to Surfing. Zugriff am 31.08.2020 unter: https://www.sas.org.uk/wp-content/uploads/2011/08/sustainable-surfing-guide-final-low-res.pdf

Gemäß des State of Surf Reports aus dem Jahr 2016 gibt es ca. 2,7 Mio. Surfer*innen weltweit und über die letzten Jahre wurde ein durchschnittliches Wachstum von 1 % jährlich festgestellt. Dabei werden zwei Gruppen von Surfer*innen unterschieden. Die Core Surfer (1,3 Mio.) sind Surfer*innen, die mindestens 8x im Jahr surfen, wohingegen die Casual Surfer (1,66 Mio.) mindestens 1x im Jahr surfen. Von den 2,7 Mio. Surfer*innen sind ca. 1 Mio. Frauen und mehr als die Hälfe der Surfer*innen ist zwischen 6 und 17 Jahre alt. Im Durchschnitt surfen 67 % der Surfer*innen mindestens 1x pro Woche (5).

In Deutschland ist der Deutsche Wellenreitverband (DWV) der nationale Dachverband für Surfvereine und surfbegeisterte Einzelmitglieder. Aktuelle Mitgliedsvereine des DWV sind unter anderem Surfers Connection Berlin e.V., Surf Club Sylt, No Shore Surfclub in Köln, Layday Surfclub e.V., Verband Deutscher Wellenreitlehrer (VDWL), German Stand Up Paddle Association (GSUPA) und der Flusswellenverein Surfing Wolfrathshausen e.V. Neben der Ausbildung von Surflehrer*innen und Wettkampfrichter*innen sind auch Jugendarbeit und Leistungssport sowie Umweltschutzaufgaben fest in die Satzung des DWV integriert. Bekannte Initiativen in Kooperationen mit der Surfrider Foundation sind die Beach Clean Ups während jeder Deutschen Meisterschaft. Im Rahmen derer werden jährlich säckeweise Müll am Strand eingesammelt (6).

Der DWV ist ebenfalls als Spitzensportverband Mitglied im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Zusätzlich hat sich der DWV auf nationaler Ebene dem Deutschen Sportlehrer Verband (DSLV) und auf europäischer Ebene der European Surfing Federation (ESF) angeschlossen. Die ESF wurde in den 70er-Jahren mit dem Ziel gegründet, Sicherheit, Coaching-Strategien sowie Bewertungsschemata beim europäischen Surfsport festzulegen und die Surfmeisterschaften in Europa voranzutreiben. Mittlerweile werden verschiedene Events wie die EuroSurf, EuroSUP und European Tour of Bodyboard ausgetragen (7).

Zusätzlich ist der DWV Mitglied in der International Surfing Association (ISA), welche ihren Hauptsitz in La Jolla, Kalifornien, hat und den global größten Dachverband für Wellenreiter mit 106 Ländern aus aller Welt darstellt. Ebenfalls bemühte sich die ISA seit längerer Zeit, Surfen in das olympische Programm aufnehmen zu lassen und damit den Traum von Duke Kahanamoku, dem Vater des Wellenreitens, wahrzumachen. Er trug bereits 1912 bei den Olympischen Sommerspielen seinen Wunsch vor, Wellenreiten olympisch zu machen. Am 3. August 2016 schließlich beschloss das IOC, Wellenreiten mit der Disziplin Shortboarding in das zukünftige olympische Programm aufzunehmen (8).

(5) TransWorld Business and GroupY. (2016). State of Surf 2016. Zugriff am 31.08.2020 unter: https://www.adventuresportsnetwork.com/transworld-business/2016-state-surf-event-meet-panelists/

(6) Deutscher Wellenreitverband (DWV). (2018). Mitgliedsvereine, Dachverbände, Partner. Zugriff am 31.08.2020 unter: https://wellenreitverband.de/verband/mitgliedsvereine-dachverbaende-partner/

(7) European Surfing Federation (ESF). (2018). European Surfing Federation. Zugriff am 31.08.2020 unter: https://www.eurosurfing.org/

(8) International Surfing Association (ISA). (2018). Riding the wave to olympic inclusion. Zugriff am 31.08.202 unter: https://www.isasurf.org/riding-the-wave-to-olympic-inclusion/

Insgesamt ist das Wellenreiten im Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (WHG) geregelt. Jedoch sind die Regelungen deutschlandweit nicht dieselben, sondern können sich je nach Bundesland und auch je nach Region bzw. je nach Gewässer unterscheiden. Generell wird Wellenreiten nicht konkret in den Gesetzestexten genannt, sondern fällt in die Kategorie (Wasser-)Sportgeräte.

Der Gemeingebrauch ist gemäß § 25 WHG geregelt und besagt, dass die Nutzung der oberirdischen Gewässer grundsätzlich erlaubt ist, solange die Rechte und Befugnisse sowie der Eigentümer- bzw. Anliegergebrauch Anderer nicht eingeschränkt werden (9). Auch das Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) erlaubt generell das Befahren der Bundeswasserstraßen mit Wasserfahrzeugen im Rahmen der Vorschriften des Schifffahrtsrechts (10). Dieser Gemeingebrauch nach § 25 WHG wird jedoch anhand verschiedener Landeswassergesetze, die sich je nach Bundesland unterscheiden, eingeschränkt bzw. in anderer Weise geregelt. Daher ist es wichtig, sich immer über die entsprechende Gesetzeslage des jeweiligen Ortes zu informieren, an dem man surfen möchte. In der Regel besagen diese, dass die Gewässer mit kleinen Fahrzeugen ohne eigene Triebkraft, also auch mit Surfbrettern, genutzt werden dürfen. Jedoch kann auch diese Nutzung wieder durch Sonderregelungen, z.B. zum Schutz der Umwelt, eingeschränkt werden.

Nationalparke im Bereich der Nordsee
Durch verschiedene Schutzzonen für die Tierwelt wird das Befahren mit Wasserfahrzeugen, Sportfahrzeugen und Wassersportgeräten in den Nationalparken Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, Hamburgisches Wattenmeer und Niedersächsisches Wattenmeer geregelt. So ist gemäß § 2 Abs. 1. Nr. 1 der Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung in der Zone I das Fahren außerhalb der Fahrwasser in der Zeit von 3 Stunden nach bis 3 Stunden vor Tidehochwasser sowie das Befahren der Seehundschutzgebiete, Brut- und Mausergebiete der Vögel während bestimmter Schutzzeiten verboten (11).

Nationalparke im Bereich der Küste von Mecklenburg-Vorpommern
Weiterführend werden in der Verordnung über das Befahren der Bundeswasserstraßen in Nationalparken und Naturschutzgebieten im Bereich der Küste von Mecklenburg-Vorpommern (kurz NPBefVMVK) die Nationalparke „Vorpommersche Boddenlandschaft“ und „Jasmund“ und das Biosphärenreservat „Südost-Rügen“ als Naturschutzgebiete und einem Landschaftsschutzgebiet von zentraler Bedeutung geregelt. Wie die Nationalparke im Bereich der Nordsee können die Grenzen und Schutzzonen ebenfalls den amtlichen Seekarten entnommen werden. Das Befahren der Bundeswasserstraßen in den Nationalparken und den Schutzzonen I und II des Biosphärenreservats „Südost-Rügen“ ist für bestimmte Verkehrsteilnehmer*innen bei Einhaltung festgelegter Verhaltensgrundsätze gestattet. In den Schutzzonen II hingegen müssen sie mindestens 200 m Abstand zu den wasserseitigen Schilfkanten im Uferbereich halten. Für den Nationalpark „Vorpommersche Boddenlandschaft“ sind zusätzlich weitere Schutzgebiete ausgewiesen, die nicht befahren werden dürfen. Diese sind in gesonderten Karten gekennzeichnet. Direkte Zugangswege für Surfer*innen auf den Bundeswasserstraßen zu oder von den genehmigten Start- und Anlandeplätzen am Ufer sind von dem Befahrensverbot ausgenommen (12).

Nationalparke im Bereich der Ostsee
Auch das Befahren der Naturschutzgebiete im Bereich Ostsee wird besonders geregelt. In der Verordnung über das Befahren von Bundeswasserstraßen in bestimmten schleswig-holsteinischen Naturschutzgebieten im Bereich der Ostsee (OstseeSHNSGBefV) wird aufgelistet, auf welchen in den Lageplänen gekennzeichneten Sperrzonen das Fahren mit Wasserfahrzeugen verboten ist (13).

(9) Wasserhaushaltsgesetz. Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (2009). Zugriff am 31.08.2020 unter: https://www.gesetze-im-internet.de/whg_2009/__25.html

(10) Bundeswasserstraßengesetz vom 02.04.1968 i.d.F.v. 20.7.2017. Zugriff am 31.08.2020 unter: https://www.gesetze-im-internet.de/wastrg/WaStrG.pdf 

(11) Verordnung über das Befahren der Bundeswasserstraßen in Nationalparken und Naturschutzgebieten im Bereich der Küste von Mecklenburg-Vorpommern vom 24.06.1997 i.d.F.v. 02.06 2016. Zugriff am 31.08.2020 unter: https://www.gesetze-im-internet.de/npbefvmvk/BJNR154200997.html

(12) Verordnung über das Befahren von Bundeswasserstraßen in bestimmten schleswig-holsteinischen Naturschutzgebieten im Bereich der Ostsee i.d.F.v. 27.09.2016. Zugriff am 31.08.2020 unter: http://www.gesetze-im-internet.de/ostseeshnsgbefv/OstseeSHNSGBefV.pdf

(13) Verordnung über das Befahren der Bundeswasserstraßen in bestimmten Naturschutzgebieten vom 08.12.1987 i.d.F.v. 20.06.2018. Zugriff am 31.08.2020 unter: https://www.gesetze-im-internet.de/nsgbefv/BJNR025380987.html

Obwohl Wellenreiten meist mit warmem Wasser und endlosen Sandstränden assoziiert wird, beschränkt es sich nicht nur auf warmes Wetter oder gar den Ozean. Surfer*innen finden sich inzwischen auch an kalten Orten wie Island oder auf den sogenannten stehenden Wellen, z.B. in München oder dem Qjantang River in China, wieder (14). Zudem können auch Seen, die flächenmäßig groß genug sind, dass eine Dünung (Swell) entstehen kann, als Surfreviere dienen. Die einzige Voraussetzung an den Naturraum ist das Vorhandensein von brechenden Wellen (15). Aufgrund der Tatsache, dass Surfen in Warmwasserregionen zunehmend an überfüllten Spots stattfindet, steigt das Interesse am Surfen in kälteren, i. d. R. weniger überlaufenen Gewässern (16).

Die Art der Wellen ist generell unterschiedlich - je nach Surfspot und aufgrund der aktuellen Wetter- und Wellenbedingungen - und sollte entsprechend dem eigenen Leistungsniveau und den persönlichen Präferenzen ausgewählt werden (17). Berühmte Surfspots sind z.B. der North Shore von O‘ahu mit Wellen bis zu 12 m Höhe in Weimea oder Chicama in Peru mit der längsten Welle der Welt, die einen ca. 5-minütigen Ritt über 4 km ermöglichen kann (14). In Europa zählen insbesondere Biarritz und Hossegor in Frankreich, Nazaré in Portugal und der North Shore von Fuerteventura zu den bekanntesten Surfspots (14).

Seit einigen Jahren werden zudem verschiedene Systeme von Wavepools weltweit ausgebaut, sodass Surfen durch künstlich geschaffene Wellen praktisch überall möglich wird (18). Populär wurde das Wavepool Surfen besonders durch Kelly Slater, dem derzeit erfolgreichsten Surfer aller Zeiten, mit der Gründung der Kelly Slater Wave Company (19). Auf der Surf Ranch, etwa 200 km im Inland von Kalifornien, befindet sich die aktuell qualitativ hochwertigste Wellenanlage. Andere Technologien, wie der Wavegarden Cove, sind eher für den Breitensport ausgelegt. Dort können bis zu 1.000 Wellen pro Stunde produziert werden. Diese Technologien sind in der Regel sehr engergieintensiv.

(14) Strauss, S., Götze, R. (2006). Wave Culture. Faszination Surfen. Rellingen: Wave Culture.

(15) Menges E., Diel, P. (2000). Surfing. In Search of the Perfect Wave. Oxford: Meyer & Meyer Sport (UK) Ltd.

(16) Global Industry Analysts, Inc. (2019). Rising Popularity of Surfing as a Recreational and Sporting Activity Drives Growth in the Global Surfing Market. Zugriff am 31.08.2020 unter: http://marketbytes.blogspot.com/2018/03/the-global-surfing-market-is-projected.html

(17) Butt, T., Russell, P., Grigg, R. (2004). Surf science: An introduction to waves for surfing (pp. 33-285). Honolulu, HI: University of Hawaii Press.

(18) Forsman, A.H. (1975). U.S. Patent No. 3,913,332. Washington, DC: U.S. Patent and Trademark Office.

(19) Surf Park Central. (2018). Artificial Waves Archives. Zugriff am 31.08.2020 unter: http://www.surfparkcentral.com/tag/artificial-waves/

Insgesamt ist Wellenreiten eine umweltfreundliche Sportart und es entstehen bei der Ausübung selbst nur relativ wenige negative Einflüsse auf die Umwelt. Zum Wellenreiten wird nur ein geringes Maß an Infrastruktur benötigt. Der Auf- und Ausbau von jeder Infrastruktur verursacht jedoch unter anderem Lärm, Boden-, Wasser- und Luftverschmutzung sowie eine Zerschneidung der Naturräume und Flächenversiegelung (20). Außerdem treten beim Parken und durch den Aufenthalt am Strand Trittschäden und andere mechanische Beschädigungen an den Strandvegetationen auf, welche im schlimmsten Fall langfristig zu Bodenerosionen führen können. Auch wenn sich Surfer*innen nicht sonderlich laut verhalten, führen die reine Anwesenheit, die natürlichen Geräusche beim Gehen und die Gerüche dazu, dass sich Wildtiere in ihrem Lebensraum gestört fühlen (21). Problematisch ist dies besonders bei Wildtieren, die ihre Brutstätten nahe am Ufer oder am Strand gebaut haben (22). Sie werden durch die Störungen evtl. dazu gezwungen, ihren Brutplatz zu wechseln oder den Strand sogar vollständig zu verlassen. Auch Meerestiere können gestört werden, wenn sie sich in Strandnähe aufhalten. Kritisch ist das Aufschrecken von Tieren besonders, wenn hierbei wichtige Energiereserven verbraucht werden und z.B. ein späteres Fluchtverhalten vor natürlichen Feinden nicht mehr möglich ist (23). Hier spricht man auch von direkten Störfaktoren auf die Umwelt.

Wesentlich dramatischer wirken sich jedoch die indirekten Störfaktoren in Form von CO2-Emissionen auf die Umwelt aus, die sowohl durch die Anreise zur ausgewählten Surfdestination, als auch durch die Herstellung von Surfmaterialien und Surfzubehör entstehen. Eine Studie von Schultz hat gezeigt, dass ein*e durchschnittliche*r Surfer*in im Jahr ca. 10 t CO2 produziert (24). Das Explore Magazin veröffentlichte einen Artikel, der besagt, dass der ökologische Fußabdruck von Surfer*innen um 50 % höher ist als der eines*r durchschnittlichen Bürgers*in. Bspw. entstehen allein durch die Langstreckenflüge der Anreise zu beliebten Surfdestinationen bis zu 5 t CO2, was bereits der Hälfte des CO2-Ausstoßes eines Normalbürgers entspricht (25).

Hinzu kommt eine hohe Belastung durch die Produktion von Boards aus Fiberglas, bei der jährlich ca. 220.000 t CO2 entstehen. Rick Lomax von Surf Science bestätigt, dass beim Bau eines 9’1“ Epoxy Longboards bis zu 453,6 kg CO2 freigesetzt werden. Dies ist ein größerer Wert als beim Flug einer Person von Los Angeles nach Hawaii. Obwohl beim Bau des durchschnittlichen 6’1“ Poly-Shortboards „nur“ etwa 181,5 kg CO2 entstehen, wird dennoch klar, dass hierin ein großer Handlungsbedarf in Bezug auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz besteht. Neben der schädlichen Produktion der Surfboards trägt das Harz für die Finalisierung der Boards zum Abbau der Ozonschicht bei (25). Schultz versuchte daher in seinem Projekt The Surfboard Cradle-to-Grave zu untersuchen, welche Komponenten beim Bau eines Surfbretts die höchsten CO2-Emissionen verursachen. Dabei stellte er fest, dass vor allem die Produktion des Blanks (Schaumkern) und die Verwendung des Harzes die CO2-Emissionen der initialen Herstellung eines Boards in die Höhe treiben. Zusätzlich macht aber auch die Boardpflege mit speziellem Wachs einen gewaltigen Anteil aus (24).

Eine Möglichkeit zur Minderung der CO2-Emissionen stellen umweltfreundlich produzierte Surfbretter dar. Im Gegensatz zu handelsüblichen „Poly“-Surfboards werden ein ökologisches Harz und 25 % recycelbares Material im Blank verwendet, was dazu führt, dass bis zu 30 % weniger CO2-Emissionen produziert werden. Das „Ecoboard“ mit einem Gewicht von 2,5 kg erzeugt eine vergleichsweise niedrigere Abfallmenge von 2,7 kg – im Gegensatz zu den 2,6 kg schweren Polyesterboards mit einer Abfallmenge von 4,5 kg. Zusätzlich fallen weitere 13,6 kg der CO2-Emissionen aufgrund der verbrauchten Energie während der Herstellung der Surfboards an (26).

Eine der derzeit größten Problematiken in den Ozeanen ist Verschmutzung derselben. So befinden sich inzwischen ca. 13.000 Plastikmüllartikel auf jedem Quadratkilometer des Meeres. Diese Abfälle sind Schätzungen zufolge für mehr als 100.000 tote Meerestiere jährlich verantwortlich (27). Surfer*innen, die sich vorrangig im Ozean und an den Ufern aufhalten, können durch umweltbewusstes Verhalten aktiv einen Beitrag leisten. Dieses setzt sich insbesondere aus einem achtsamen Konsum durch den Kauf von nachhaltig produzierten Materialien und dadurch, dass kein Müll an Stränden und Flussufern zurückgelassen wird, zusammen. Des Weiteren kann Müll aktiv aufgesammelt werden, selbstständig oder bei einem der zahlreiche organisierten Beach Clean Ups (27, 28). Dabei sollte der indirekt positive Aspekt einer solchen Säuberungsaktivität nicht außer Acht gelassen werden (29).

(20) Dreyer, A., Menzel, A., Endreß, M. (2010). Wandertourismus – Kundengruppen, Destinationsmarketing, Gesundheitsaspekte. München: Oldenbourg Verlag.

(21) Suchant, R. (2005). Sporttourismus in Wildtierlebensräumen (?)(!). In Institut für Natursport und Ökologie (Hrsg.), Kongressbericht. Umwelt, Naturschutz und Sport im Dialog. Sport in Schutzgebieten. 2. Kongress an der Deutschen Sporthochschule Köln vom 13. – 14. September 2004. Schriftenreihe Natursport und Ökologie, Band 17. Sikora: Offenburg.

(22) Schemel, H.-J., Erbguth, W. (2000). Segeln und Surfen. In Handbuch Sport und Umwelt, S. 544 – 576. – 3. Überarb. Auflage, Aachen: Meyer & Meyer Verlag.

(23) Stock, M., Bergmann, H.-H., Helb, H.-W., Keller, V., Schnidrig-Petrig, R., Zehnter, H.-C. (1994). Der Begriff Störung in naturschutzorientierter Forschung: ein Diskussionsbeitrag aus ornithologischer Sicht. In Zeitschrift für Ökologie und Naturschutz, 3, S.49 – 57.

(24) Schultz, T. (o.J.). The Surfboard Cradle-to-Grave. Life Cycle Assessment of a Common Surfboard: Epoxy vs. UPR. Zugriff am 31.08.2020 unter: http://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download?doi=10.1.1.605.1046&rep=rep1&type=pdf

(25) Banymadhub, Y. (2016). Ökologischer Fußabdruck. CO²-Bilanz von Surfern um 50 Prozent höher als bei Durchschnittspersonen. In Explore Magazine (2018). Zugriff am 31.08.2020 unter: https://explore-magazine.de/articles/co2-bilanz-surfer-oekologischer-fussabdruck.html

(26) Sustainable Surf. (2018). The ECOBOARD Project. Zugriff am 31.08.2020 unter: http://www.sustainablesurf.org/ecoboard/lifecycle-study/

(27) Umweltbundesamt. (2015). Müll im Meer. Zugriff am 31.08.2020 unter: https://www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/gewaesser/meere/nutzung-belastungen/muell-im-meer

(28) Surfers Against Sewage. (2011). Sustainable Guide to Surfing. Zugriff am 31.08.2020 unter: https://www.sas.org.uk/wp-content/uploads/2011/08/sustainable-surfing-guide-final-low-res.pdf

(29) Wyles, K.J., Pahl, S., Holland, M., Thompson, R.C. (2017). Can Beach Cleans Do More Than Clean-Up Litter? Comparing Beach Cleans to Other Coastal Activities. Environment and Behavior, 49(5), 509–535. Zugriff am 31.08.2020 unter: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5431367/

Surfen und Einheimische
Dieser Konflikt ist in den letzten Jahren durch die zunehmende Überfüllung von Surfspots und der Entwicklung des Wellenreitens zum Massenmarkt immer stärker geworden. Innerhalb dieser Entwicklung entsteht ein Wettstreit um die besten Wellen einer Surfsession. Zusätzlich wird die Situation dadurch verschärft, dass viele Touristen sich nicht über die Vorfahrtsregeln beim Wellenreiten im Klaren sind und geübten Surfer*innen in die begehrten Wellen fahren. Es wird auch von Localism gesprochen - einem allgemeinen territorialen Verhalten der Einheimischen in Bezug auf Surfspots (30). Immer wieder liest man von zerbrochenen Brettern, Schlägereien im Wasser und aufgebrochenen Autos. Surfspots, wie z.B. die Westküste auf O‘ahu in Hawaii oder Oxnard in Kalifornien, sind mittlerweile für derartige Ausschreitungen bekannt (31). Um Konflikte mit den Einheimischen oder anderen Surfer*innen zu umgehen, empfiehlt es sich, sich vorher mit der Surferetikette bekannt zu machen und sich respekt- und rücksichtsvoll im Wasser zu verhalten. 

Longboarden, Kiten, SUPs, Bodyboarden
Aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Wassersportarten gibt es auch Konfliktpotential zwischen einzelnen Wassersportler*innen unterschiedlicher Disziplinen. So werden besonders den Longboarder*innen und SUPler*innen ein egoistisches Verhalten im Wasser und das „Klauen“ von Wellen vorgeworfen (32). Begründet wird dies dadurch, dass durch das größere Volumen der Boards Wellen mit weniger Kraft und wesentlich früher geritten werden können, wodurch anderen Surfer*innen, die mit weniger voluminösen Boards unterwegs sind, dieser Ritt verwehrt bleibt oder sie ausweichen müssen (30). Je nachdem, an welchem Surfspot man sich aufhält, sind weitere Konflikte möglich, wie z.B. mit Canoe-Surfer*innen, Katamaranen, Angler*innen usw. Durch rücksichtsvolles Verhalten kann Konflikten generell entgegengewirkt werden.

Surfen und Haiattacken
Seit der beinahe Haiattacke auf den Profisurfer Mick Fanning während der Live-Übertragung des J-Bay Opens wird das Thema der friedlichen Koexistenz von Surfer*innen und Haien wieder stärker in den Medien diskutiert. Die Anzahl der Haiattacken auf Menschen ist in den letzten Jahren mit ca. 60 - 80 Attacken pro Jahr stabil geblieben und eine Zunahme von Angriffen zeichnet sich nicht ab. Lediglich im Jahr 2017 sind insgesamt 88 Angriffe registriert worden, bei denen der Mensch nachweislich den Hai nicht provoziert hat. Etwa 60 % der Haiattacken fallen dabei auf die USA zurück, gefolgt von Australien mit 16 %. Die Region mit den höchsten Werten stellt Florida mit alleine 31 Haiattacken dar. 60 % aller Haiattacken beziehen sich auf Surfer*innen bzw. allgemein Personen, die mit Surfboards im Wasser unterwegs sind. Vergleicht man dies mit der hohen Anzahl an Menschen, die sich jederzeit in den Ozeanen auf der Welt aufhalten, ist die Anzahl der Attacken bzw. das Risiko, Opfer einer Haiattacke zu werden, sehr gering. Vergleichsweise werden jährlich bis zu 100 Mio. Haie von Menschen getötet (33). 

Um sich gegen Haiangriffe zu schützen, werden folgende Verhaltensregeln empfohlen:

  1. Sich in Gruppen aufhalten. Haie greifen bevorzugt isolierte Personen an.
  2. In der Dämmerung den Ozean meiden. Dann sind Haie besonders aktiv und jagen.
  3. Bei blutenden Wunden den Ozean verlassen bzw nicht hineingehen.
  4. Keinen Schmuck tragen, da dieser im Wasser Licht, ähnlich wie Fischschuppen, reflektiert.
  5. Gebiete meiden, in denen Fischabfälle entsorgt werden.
  6. Grelle, bunte Kleidung meiden, da diese durch die starken Kontraste auch besser von Haien gesehen werden kann.

Generell gilt jedoch, dass der Mensch eine größere Gefahr für den Hai darstellt als umgekehrt.

(30) Olivier, S. (2010). ‘Your Wave, Bro!’: virtue ethics and surfing. Erschienen in: Sport in Society13 (7-8), S. 1223-1233.

(31) Menges E., Diel, P. (2000). Surfing. In Search of the Perfect Wave. Oxford: Meyer & Meyer Sport (UK) Ltd.

(32) Daskalos, C.T. (2007). Locals Only! The Impact of Modernity on a Local Surfing Context, Sociological Perspectives, 50 (1), S. 155-173.

(33) Florida Museum. (2017).  International Shark Attack File (ISAF). Zugriff am 31.08.2020 unter: https://www.floridamuseum.ufl.edu/shark-attacks/

Wann genau das Wellenreiten erfunden wurde, ist bis heute nicht bekannt. Jedoch wird davon ausgegangen, dass bereits 1500 v. Chr. die ersten Wellen auf kleineren Baustämmen und Holzbrettern von den Polynesiern hinabgesurft wurden. Die Schätzungen, wie lange Wellenreiten bereits praktiziert wird, variieren von 4.000 - 1.000 Jahren. Damit zählt Wellenreiten zu einer der ältesten Sportarten weltweit. Besonders geprägt wurden die Hawaii-Inseln vom Wellenreiten, welches von den Hawaiianer*innen als he`e nalu bezeichnet wurde (vom hawaiianischen he´e: to ride und naulu: the surf). Im Gegensatz zur heutigen Zeit sprach man dem Wellenreiten auf Hawaii nicht nur sportliche Attribute, sondern auch kulturelle und religiöse Werte zu. Demnach begann das Surfen nicht erst im Wasser, sondern weitaus früher mit der Auswahl des richtigen Baumes und der zeremoniellen Herstellung des Surfboards (34).

Aufgrund der tiefen religiösen Wurzeln des Welllenreitens wurde die Sportart im 18. Jahrhundert als heidnischer Brauch von den christlichen Missionaren verboten (34) und bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts fast vollständig zurückgedrängt (35).

Im 20. Jahrhundert konnte das Wellenreiten, begünstigt durch eine erhöhte Mobilität der Gesellschaft, schließlich seine Wiedergeburt feiern. Zahlreiche Tourist*innen waren begeistert von den verbliebenen Surfer*innen in Waikiki und etliche Schriftsteller und Journalisten berichteten über die fernen Inseln und den faszinierenden Surfsport. Es wurde die erste offizielle Surferorganisation der Welt in Waikiki mit dem Namen Outtrigger Canoe and Surf Club gegründet und die Mitgliederzahlen stiegen enorm schnell an (34). Von hier an verbreitete sich der Surfsport besonders in Kalifornien und Australien rasant.

Bis in die 40er- und 50er-Jahre war Wellenreiten stark an körperliche Leistungsfähigkeit gebunden, da die Surfboards größtenteils aus Holz gefertigt wurden und sehr schwer waren. Wasserbekleidung zum Schutz gegen die Kälte war kaum oder nur unzureichend vorhanden. Somit war Wellenreiten lange Zeit einer kleineren Gruppe von Personen vorbehalten. Dies veränderte sich insbesondere mit der Entwicklung von neuen Materialien wie Kunststoffharzen und Fiberglasmatten, welche eine leichtere Bauweise von Surfboards möglich machten. Prägend war außerdem die Erfindung des Neoprens von Jack O`Neill, der es ermöglichte, ganzjährig zu surfen (36). Diese technischen Erfindungen, kombiniert mit der starken Vermarktung des Surflifestyles ab den 60er-Jahren anhand von Filmen, Surf Magazinen, Surf Musik und Surfkleidung, führten letztendlich dazu, dass Wellenreiten zunehmend populärer wurde und sich dem Massenmarkt öffnete (34).

In Europa verbreitet sich der Surfsport dennoch etwas langsamer. England war das erste europäische Land, welches sich für das Wellenreiten und den Surflifestyle begeistern konnte, und bis in die 60er-Jahre hatte sich das Wellenreiten in Wales, Irland und Schottland etabliert. Insgesamt blieb das Wellenreiten in Europa jedoch eine Randsportart, was sich mit der Austragung des ersten Lacanau Pro Surfwettbewerbs in Frankreich im Jahr 1979 schlagartig änderte. Bis heute stellt Frankreich den europäischen Hauptsitz der Surfindustrie dar (34).

(34) Finney, B., J.B. Houston. (1996). Surfing: A History of the Ancient Hawaiian Sport. San Francisco: Pomegranate.

(35) Kampion, D., Brown, B. (2003). Surfbook: Die Geschichte des Surfens. Köln: Taschen Verlag. 2. Auflage.

(36) Strauss, S., Götze, R. (2006). Wave Culture. Faszination Surfen. Rellingen: Wave Culture.

Bodysurfing
Bodysurfen ist wohl die älteste Form des Surfens und bezeichnet allgemein das Hinuntergleiten der Wellen nur mittels des eigenen Körpers. Die Herausforderung beim Bodysurfing besteht darin, möglichst kontrolliert von der Welle mitgenommen zu werden. Die einfachste Variante ist das Bodysurfen in flachem Wasser, sodass man sich mit einem Sprung in die Wellen hineinhechten kann. Anspruchsvoller wird Bodysurfen jedoch bei größeren Wellen, die weit vor der Küste brechen. Meist werden hierzu Flossen benötigt, um die benötigte Geschwindigkeit zu erreichen. Ein weiteres Hilfsmittel kann eine kleine Holzplatte sein, die unter die Hand gelegt wird (37, 38).

Bodyboarden
Beim Bodyboarden nutzt man – unterstützt durch Flossen – ein kurzes hartes Schaumstoffbrett, um die Wellen hinabzureiten. Insgesamt werden die Manöver beim Bodyboarden mit weniger Geschwindigkeit und weniger Power gefahren, sind jedoch nicht minder spektakulär. Bodyboarder*innen haben außerdem die Möglichkeit, bereits gebrochene Wellen in Strandnähe zu surfen und sich mit einem Sprung in die Wellen zu stürzen, ohne vorher zu paddeln (37, 38).

Shortboarden
Shoartboarding erfreute sich besonders in den 60er- und 70er-Jahren zunehmender Beliebtheit. Die Shortboards sind dabei in der Regel unter 2,13 m lang. Aufgrund des geringen Gesamtvolumens und der Instabilität sind sie für Anfänger*innen deutlich ungeeignet. Shoartboarding wird bei steilen und kraftvollen Wellen betrieben. Durch die gute Manövrierfähigkeit des Shoartboards sind spektakuläre Manöver möglich (37).

Longboarding
Longboards haben insgesamt eine Länge von mindestens 2,74 m und eine breite Nase, sodass eine große Stabilität erzeugt wird. Durch das große Volumen können Wellen mit weniger Kraftaufwand gesurft und bereits kleinere, schwache Wellen geritten werden. Diese Art des Surfens eignet sich nicht nur für Anfänger*innen, sondern gilt auch als Old School Surfing und beinhaltet Manöver wie das Laufen über das Board, Hang Ten und Hang Five (37).

Big Wave Surfen/ Tow-In
Das Big Wave Surfen beinhaltet generell das Surfen von Wellen ab einer Höhe von 4,5 - 5,5 m. Mit den ca. 2,7 m langen Big Wave Boards ist weder das Laufen noch das Fahren von Manövern möglich. Beim Big Wave Surfen geht es daher alleine um das Anpaddeln und Abreiten von extrem hohen Wellen. Seit Mitte der 80er-Jahre begannen die Big Wave Surfer*innen außerdem damit, sich von Jet-Skis in die Wellen ziehen zu lassen, was die Geburtsstunde für das Tow-In Surfen darstellt. Dabei werden wiederum sehr kurze, besonders schwere und mit Schlaufen versehene Bretter verwendet. Die bekanntesten Spots beim Big Wave Surfen sind unter anderem Jaws vor Maui, Mavericks in Kalifornien, Teahupoo auf Tahiti und Nazaré in Portugal (37).

Canoe Surfing
Canoe Surfing stellt eine der ursprünglichsten Formen des Surfens dar und wird heute vor allem noch im Pazifik betrieben. Hierbei werden 2 - 24 m lange Kanus aus Fiberglas von mehreren Personen durch hohe Wellen manövriert. Ein Steuermann bzw. eine Steuerfrau gibt dabei Anweisungen, wie gepaddelt werden muss, um die nächste Welle zu surfen. Obwohl diese Form des Surfens vor allem in Polynesien tief kulturell verwurzelt ist, sind mittlerweile die Plätze zum Canoe Surfing extrem begrenzt. Dies liegt daran, dass die entsprechenden Surfspots zu überfüllt sind, um noch genügend Platz für das Canoe Surfing zu bieten (38).

Stehende Wellen
Für Deutschland ist besonders das Surfen von sogenannten stehenden Wellen von Bedeutung. Im Gegensatz zu Wellen im Ozean verläuft die Welle nicht, sondern bleibt am Ort stehen, sodass lediglich das Wasser fließt. Das Surfen von stehenden Wellen unterscheidet sich von anderen Surfarten stark, da nicht gepaddelt werden muss, um eine Welle zu reiten. Stattdessen springen die Surfer*innen vom Ufer auf das Surfboard direkt in die Welle bzw. tasten sich vorsichtig vom Ufer in die Mitte der Welle vor. Insgesamt wird die Welle gegen die Flussströmung geritten und durch eine geschickte Verlagerung des Gewichts können stehende Wellen länger geritten werden als Wellen im Ozean. Obwohl man hierzu grundsätzlich jedes Surfboard nutzen kann, haben sich inzwischen spezielle Riversurfboards auf dem Markt etabliert. Einige der bekanntesten stehenden Wellen in Deutschland sind die Eisbachwelle und Flosslände in München (39).

Künstliche stehende Wellen wie etwa die Citywave Technologie machen diese Surfart auch in Hallen möglich. Neuere Systeme wie der UnitParktec Surfpool können in einem See platziert werden, wo sie das Wasser ansaugen, die Anlage hinabfließen lassen und so eine stehende Welle entsteht.

(37) Strauss, S., Götze, R. (2006). Wave Culture. Faszination Surfen. Rellingen: Wave Culture.

(38) Warshaw, M. (2005). The Encyclopedia of Surfing, London: Harvest Book.

(39) Ammann, D. (2005). Stehende Wellen und Surftourismus. Diplomarbeit eingereicht an der Internationalen Schule für Touristik AG, Zürich.

Gemäß einer Studie, die in Australien durchgeführt wurde, ist es Surfer*innen besonders wichtig, dass die Surfspots nicht zu überfüllt sind (72 %) und dass eine hohe Umweltqualität vorherrscht (58 %). Des Weiteren bevorzugen 60 % der Surfer*innen Wellen mit einer Höhe von 1 - 2 m und nur rund 27 % Wellen, die zwischen 2 - 3 m hoch sind (40).

(40) Dolnicar, S., Fluker, M. (2003). Who’s Riding the Wave? An Investigation Into Demographic and Psychographic Characteristics of Surf Tourists. In CD Proceedings of the 13th International Research Conference for the Council for Australian University Tourism and Hospitality Education.

Um die ersten Erfahrungen auf einem Surfbrett zu sammeln, ist es zunächst sinnvoll, sich grundsätzlich im Ozean wohl zu fühlen und schwimmen zu können. Obwohl man die meiste Zeit auf dem Surfbrett verbringt, sollte immer davon ausgegangen werden, dass man eventuell vom Surfbrett getrennt wird und im schlimmsten Fall ohne Surfbrett zum Ufer zurückschwimmen muss. Empfohlen wird daher, ca. 30 min am Stück schwimmen zu können (41).

Wellenreiten lässt sich nach Ansicht des DWV am besten in einem ein- oder zweiwöchigen Surfkurs erlernen. Die Übungszone sollte für Anfänger*innen generell im Weißwasser, dort wo die Wellen schon gebrochen sind, stattfinden. Falls man das Wellenreiten nach den ersten Versuchen intensivieren möchte, müssen weitere Kenntnisse und Fähigkeiten erworben werden. Es gilt die Wetter- und Wellenbedingungen richtig einzuschätzen, um die optimale Zeit abzupassen. Da man sich in einem fortgeschrittenen Stadium des Wellenreitens nicht mehr nur am Uferbereich – dem sogenannten Shore Break – aufhält, muss die Ausdauer für das stetige Paddeln auf dem Surfbrett gegeben sein (41). Insgesamt verbringen Surfer*innen in einer Surf Session lediglich 8 % der Zeit damit Wellen zu reiten, 54 % mit Paddeln und 28 % der Zeit damit, auf die Wellen zu warten (42). Hauptsächlich werden daher die Schulter-, Rücken- und Oberarmmuskulatur beim Paddeln beansprucht (43). Studien haben gezeigt, dass fortgeschrittene Surfer*innen in einer 20-minütigen Surfsession ca. 1,6 km im Wasser zurücklegen, was zeigt, dass eine gewisse körperliche Fitness beim Surfen erforderlich ist (42).

Außerdem ist es notwendig, sich Wissen über den Naturraum anzueignen. Hierzu gehören unter anderem Topographiekenntnisse, Wetterkunde, Kenntnisse über die Gezeiten und die Hydrodynamik (41, 43). Je nach Surfdisziplin müssen diese Kenntnisse mehr oder weniger vertieft werden. Das Big Wave Surfen fordert sicherlich das größte Maß an Wissen und körperlicher Fitness (43). Zusätzlich sind, je nach Surfvariante, verschiedene Boardshapes mit unterschiedlichen Volumina und Größen notwendig (41, 43).

(41) Robison, J. (2010). Surfing Illustrated: A Visual Guide to Wave Riding, International Marine-Rmp.

(42) Brewin, R.J.W., de Mora, L., Jackson, T., Brewin, T. G., Shutler, J. (2015). On the Potential of Surfers to Monitor Environmental Indicators in the Coastal Zone. PLoS ONE, 10 (7): e0127706. doi:10.1371/journal.pone.0127706.

(43) Menges E., Diel, P. (2000). Surfing. In Search of the Perfect Wave. Oxford: Meyer & Meyer Sport (UK) Ltd.

Insgesamt beträgt der derzeitige Wert der globalen Surfindustrie ca. 8 Mrd. US-Dollar (44) und es wird geschätzt, dass dieser Wert bis zum Jahr 2024 bis auf 10,3 Mrd. US-Dollar ansteigen wird (45). Gründe hierfür sind unter anderem das steigende Interesse am Wellenreiten als Lifestyle Sport, der einfacher werdende Zugang zum Surfen mittels künstlicher Wellen wie Surf Parks, Wavepools und stehenden Wellen, sowie die Innovationen im Bereich Surfmaterialien und Surfzubehör. Besonders die Tatsache, dass sich Wellenreiten seit den 80er-Jahren zu einem Modetrend entwickelt hat, hat die Umsätze der Surfkleidung und Bekleidung, die vom Surflifestyle inspiriert wurde, stark gesteigert.

Die USA haben mit 49 % insgesamt den größten Anteil am Surfmarkt, wohingegen Australien mit einem Zuwachs von 5,9 % das größte Wachstumspotential, besonders im Bereich Surftourismus, aufweist. Ein wichtiger Trend ist weltweit vor allem die Fokussierung auf die Entwicklung von umweltfreundlichen Surfboardmaterialien und Produktionstechniken. Die Marktführer in der Surfindustrie sind derzeit Billabong, Boardriders, Globe International, Gul Watersports, Nike und O‘Neill (45).

(44) Weidler, D. (2002). Surfing industry rides a $50m dream wave. The Age, Sports Supplement, S.5.

(45) Global Industry Analysts, Inc. (2019). Rising Popularity of Surfing as a Recreational and Sporting Activity Drives Growth in the Global Surfing Market. Zugriff am 31.08.2020 unter: http://marketbytes.blogspot.com/2018/03/the-global-surfing-market-is-projected.html

EuroSIMA (SIMA = Surf Industry Manufacturers Association) ist ein Zusammenschluss von 122 Boardsport Marken und 58 Service Dienstleistern der Surf Industrie, der nachhaltige Lösungen in der Produktion von Surfmaterial fördert. In einem Teilprojekt sollte eine Lösung zum Recycling von alten Neoprenanzügen gefunden werden. Da Forschung bezüglich neuer Recyclingmethoden für einzelne, kleinere Hersteller kaum möglich ist, hat EuroSIMA die Forschungsprozesse diesbezüglich geleitet und sich zum Ziel gesetzt, jedem Zugang zum Wissen von umweltfreundlichen Recyclingmethoden zu gewähren. Inzwischen wurden Industriepartner gefunden, die Neoprenanzüge in kleine Teile zerschneiden, um diese dann zur Kautschukerstellung wiederzuverwenden. Durch solche Clusterbildungen können insgesamt die Umweltstandards in der Surfindustrie verbessert und der Produktlebenszyklus optimiert werden. Mehr Infos zu EuroSIMA finden sich auf der Homepage https://www.eurosima.com (46).

(46) Gerke, A. (2017). Towards more sustainable business practices in surf industry clusters. In Borne, G., & Ponting, J. (2017),Sustainable Surfing. Oxon: Routledge.

Die Northern Gold Coast Beach Protection Strategy (NGCBPS) wurde vom Gold Coast City Council initiiert, um eine nachhaltige Lösung für die Northern Gold Coast in Australien zu entwickeln. Ziele hierbei waren vor allem, die Strände vor Erosionen bei Stürmen zu schützen und die Surfqualität an den Stränden zu verbessern. Es wurde mit Sandvorspülungen gearbeitet und ein künstliches Riff erstellt. Studien haben bewiesen, dass die neu geschaffenen Strukturen das Land sowohl vor etlichen Stürmen schützen, als auch neuen Lebensraum für diverse Pflanzen und Meerestiere bieten (47, 48). So konnte die Biodiversität an der Northern Gold Coast gesteigert und der Strand ausgeweitet werden. Dadurch wurde der Strand wieder für zahlreiche Strandaktivitäten wie Bodysurfing, Scuba Diving, Wellenreiten, Fischen, Spaziergänge usw. attraktiv (49). Alle Informationen und Studien zum Projekt NGCBPS befinden sich auf der Website http://www.coastalmanagement.com.au/ngcbps-narrowneck-reef/.

(47) International Coastal Managament. (2011). North Gold Coast Beach Protection Strategy (NGCBPS) including Narrowneck Artificial Reef. Zugriff am 31.08.2020 unter: http://www.coastalmanagement.com.au/ngcbps-narrowneck-reef/

(48) Gold Coast City Council. (2018). Northern Gold Coast Beach Protection Strategy: Improving Beach Width. Zugriff am 31.08.2020 unter: https://www.griffith.edu.au/__data/assets/pdf_file/0018/213444/NGCBPS-Beach-Width.pdf

(49) Gold Coast City Council. (2018). Northern Gold Coast Beach Protection Strategy: Recreational Benefits, Zugriff am 31.08.2020 unter: https://www.griffith.edu.au/__data/assets/pdf_file/0021/213447/NGCBPS-recreational.pdf

World Surfing Reserves (WRS) ist ein Programm, das 2009 von der Nichtregierungsorganisation Save The Waves ins Leben gerufen wurde, welches sich für den Schutz der Strände und Wellen weltweit einsetzt. Das Programm identifiziert, bezeichnet und verankert internationale Wellen, Surfzonen und umgebende Landschaften, um sie vor negativen Auswirkungen zu schützen. Das Ziel des WSR-Programms ist es, durch die Schaffung eines weltweiten Netzwerks ausgewiesener Surfreservate internationale Anerkennung und Unterstützung für den Schutz von Wellen und Küsten zu gewinnen.

Durch ein Auswahlverfahren werden die World Surfing Reserves nominiert. Ericeira in Portugal, als eines der Surfzentren, wurde als erstes World Surfing Reserve in Europa ausgezeichnet. Die Auszeichnung erkennt die ökologischen, sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Werte von Ericeira in Bezug auf den Surfsport und darüber hinaus an. Derzeit gibt es Dutzende von vorgeschlagenen WSRs, in nahezu jedem Kontinent der Erde (50).

(50) Save The Waves Coalition. (2019). About World Surfing Reserves. Zugriff am 31.08.2020 unter: https://www.savethewaves.org/programs/world-surfing-reserves/about/