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Kormoran

Kormoran (Phalacocorax carbo sinensis)
Andere bekannte Namen: Scharbe, Wasserrabe, Seerabe, Scholver
Rote Liste Deutschland 2007: Die Art ist derzeit nicht gefährdet.

Der Ausspruch „Ei der Dauss“ (wobei „Dauss“ ein Synonym für „Teufel“ ist) ist auf den schon im Mittelalter wenig beliebten Kormoran zurückzuführen, der damals diesen Volksnamen trug. Der Kormoran lebt seit etwa 12.000 Jahren in Nord- und Mitteleuropa. Knochenfunde aus steinzeitlichen, keltischen, römischen und frühmittelalterlichen Ausgrabungen machen deutlich, dass der Kormoran eine beliebte Beute der damaligen Jäger war. Im Schrifttum der Antike und des Mittelalters gibt es viele Namensgebungen, zahlreiche Erwähnungen und Abbildungen des Kormorans, die zeigen, dass er bis weit in das Binnenland hinein vorgekommen ist. So schreiben sowohl Hildegard von Bingen (1098 – 1179) als auch Albertus Magnus (1193 – 1280) über den Kormoran.

Früher schickte man Gefangenschaftsvögel auch in Europa, wie heute noch in China praktiziert, mit einem sogenannten „Schlundring“ auf Fischfang. Der Schlundring verhinderte, dass der Kormoran den Fisch selber verschluckte.

Der Kormoran war um die Jahrhundertwende (19./20. Jhd.) in Schweden, Dänemark, Deutschland und Belgien fast ausgerottet. Nur in den Niederlanden und Polen hatten sich 3.000 – 4.000 Brutpaare halten können.

Erst nach Einführung der EG-Vogelschutzrichtlinie 1979 nahmen die Bestände stark zu und eroberten die ehemaligen Verbreitungsgebiete in den 1980er Jahren zurück. So waren im Jahr 1985 bereits wieder 23.600 Brutpaare und 1992 82.500 Brutpaare im nördlichen Mitteleuropa angesiedelt. Der Gesamtbestand in Europa beträgt ca. 755.000 Brutpaare (Bauer et al. 2005). Der Verbreitungsschwerpunkt liegt vor allem in den Küstenländern der Nord- und Ostsee, z.B. in den Niederlanden, in Dänemark, Norddeutschland und Polen. Der deutsche Bestand lag im Jahr 2013 bei ca. 22.000 bis 26.000 Paaren (Sudholdt et al. 2013).

Nachdem die Bestände im 19. und 20. Jahrhundert stark abgenommen haben, fehlte der Kormoran in weiten Teilen seines ehemaligen Areals. Mittlerweile ist es zu einer deutlichen Bestandserholung, Wiederbesetzung des ursprünglichen Areals und zu Neuansiedlungen gekommen.

Unterarten

Der Kormoran ist mit 6 verschiedenen Unterarten auf dem europäisch-asiatischen Kontinent sowie an der Ostküste Nordamerikas verbreitet. In Europa kommen 2 Unterarten des Kormorans vor.
Die Unterart P. carbo carbo brütet kolonieartig auf Felsklippen an den Meeresküsten Norwegens, Großbritanniens, Irlands, Islands und an der Atlantikküste Frankreichs. Diese Unterart jagt im Salz-, Brack- und küstennahen Süßwasser.
P. carbo sinensis brütet auf Bäumen an Seen und Fließgewässern im Binnenland. Das Brutareal dieser Unterart liegt in Gebieten Europas, die zwischen dem 35. und 60. Breitengrad liegen. Das Winterquartier des Kormorans reicht bis nach Nordafrika, England und das östliche Mittelmeergebiet.

Kormorane werden (teils legal, teils illegal) gestört und bejagt. Die Regelungen zur Bejagung bzw. Vergrämung sind je nach Bundesland unterschiedlich. Hinzu kommen Störungen durch Freizeitnutzungen, auch an Ruhe- und Schlafplätzen.
Das Thema Schutz bzw. Bestandsregulierung von Kormoranen wird nach wie vor kontrovers diskutiert.

Folgende Maßnahmen können zum Schutz von Kormoranen beitragen:

  • Überwachung der gesetzlichen Regelungen gegen illegale Verfolgung.
  • Schutz vor Störungen in Brutkolonien und Überwinterungsgebieten.
  • Ausgleichszahlungen für belegte, erhebliche wirtschaftliche Schäden an Fischteichen. Aus Naturschutzsicht sind aber Abdeckungen der Fischteiche sowie Ablenkfütterungen mit Weißfischen geeigneter.
  • Förderung weiterer Untersuchungen zum Nahrungserwerb des Kormorans bzw. zu Lösungsstrategien durch weite Verbreitung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse.

Maßnahmen zur Lösung von Problemen mit dem Kormoran können sein:

  • Verhinderung von Kolonieneugründungen (außerhalb von Schutzgebieten),
  • Besatz stark vom Kormoran frequentierter Teiche mit großen (mehrjährigen) Fischen, in den Überwinterungsgebieten Verlegung der Besatzzeit ins Frühjahr,
  • Abdeckung von Fischteichen und
  • finanzielle Unterstützung von Extensivierungsprogrammen.

Systematik

Ordnung: Pelecaniformes (Ruderfüßer)
Familie: Phalacrocoracidae (Kormorane)

Aussehen

Der Kormoran ist etwa so groß wie eine Gans. Zur Brutzeit ist sein Gefieder oberseits und unterseits schwarz gefärbt und schimmert grünblau metallisch („Prachtkleid“). An Kopf und Hals finden sich oft zahlreiche schmale weiße Federn. Weiß sind auch die Kopfseiten und die Kehle. Verlängerte, grün-schwarze Federn am Hinterkopf bilden einen Schopf. Die Flügeldeckfedern und das Gefieder auf den Schultern sind bronzefarben bis dunkelbraun. Durch die grünen, glänzenden Federsäume wirkt die Oberseite geschuppt. An beiden Flanken oberhalb der Füße befindet sich ein Fleck aus weißen Federn.

Trägt er sein Ruhekleid, fehlt der Schopf und die Oberseite ist dunkelbraun. Die Unterseite variiert besonders in der Mitte der Kehle, auf Brust und Bauch zwischen bräunlich und schmutzigweiß. Ab und zu ist auch die ganze Unterseite durchgängig weiß. Die Brust ist meist dunkel gefleckt.

Der schlanke Schnabel hat eine Hakenspitze und am Schnabelgrund befindet sich eine nackte, gelbliche Hautpartie, die mit weißen Federn umrandet ist. Die Füße sind schwarz und als Ruder ausgebildet. Das bedeutet, dass die Hinterzehe durch eine Schwimmhaut mit den anderen Zehen zu einem großen Ruder verwachsen ist. Dies macht den Antrieb im Wasser effizienter. An den Mittelzehen der Füße sind gezähnte Putzkrallen ausgebildet.

Die Iris des Auges ist smaragdgrün gefärbt. Die durchsichtigen Nickhäute wirken wie eine Taucherbrille und vermindern den Wasserdruck. Die Nasenlöcher sind verwachsen und lassen kein Wasser eindringen.

Im Flugbild des Kormorans fallen der lange, vorgestreckte Hals und der relativ weit nach hinten ragende, stark keilförmige Schwanz auf. Im Flug schlägt der Kormoran rasch mit den Flügeln, zwischendurch geht er kurz in einen Gleitflug über. Im Aufwind (Thermik) segelt er so gut wie gar nicht. Wenn er schwimmt, liegt der Körper tief im Wasser, die Schwanzfedern liegen auf dem Wasser. Der Hals wird steif hochgereckt, dabei zeigt der Kopf mit dem Schnabel schräg nach oben. Diese Kopfhaltung ist ein unverwechselbares Kennzeichen des Kormorans.

Fortpflanzung

Kormorane treffen meist noch unverpaart am Brutplatz ein. Nur ausnahmsweise findet die Paarbildung schon in den Wintermonaten, meist aber erst zwischen Februar und April statt.

Während der Balz wechseln beide Partner häufig ihre Rollen. Das Männchen balzt mit dem sogenannten „Flaggen“: Während es auf dem Nest sitzt, zeigt es seine weißen Flanken und gleichzeitig rhythmische Flügel- und Drehbewegungen des Körpers. Bevor sich die Tiere vereinigen, werfen sie ihren Hals auf den Rücken und schütteln mehrfach ihren Kopf, während sie gurgelnde Laute von sich geben. Der Partner bläht seinen Kehlsack auf, sträubt das Nackengefieder und streckt den Kopf nach vorne. Er zeigt auch dabei seine weiße Flanke. Nach erfolgreicher Kopula reiben beide Partner ihre Hälse aneinander.

Nach 3 – 4 Jahren werden die Kormorane geschlechtsreif. Gelegentlich brüten auch schon zweijährige Vögel. Die Paare bleiben für eine Brutsaison zusammen. Sowohl an der Küste als auch im Binnenland, z.B. in Schilfgebieten, auf Felsklippen oder auf kleinen Inseln, gibt es bodenbrütende Kormorane. In der Regel brüten sie jedoch in Baumhorsten auf breitkronigen, hohen Weiden, Erlen, Pappeln und anderen Baumarten.

Entweder beziehen sie das vorjährige Nest oder es wird an einem vom Männchen gewählten Nistplatz neu gebaut. Beide Partner beteiligen sich am Bau des Nestes, welches aus den verschiedensten Materialien wie Zweige, Schilfhalme oder in Küstennähe aus Seetang besteht. Die Nestmulde wird mit Blättern, Schilf, Binsen und Gras begrünt und ausgepolstert. Das Männchen schafft das Material herbei, welches das Weibchen einbaut. Immer wieder werden artfremde Nester, z.B. von Graureihern, in Besitz genommen und für die eigene Brut ausgebessert.

Wenn der Horst mehrere Jahre verwendet wurde, kann er einen Durchmesser von 1 m an der Basis und eine Höhe von über 1 m erreichen. Bäume, die für den Nestbau gut geeignet sind, können sehr dicht mit Horsten besetzt sein. Die Äste solcher Bäume werden dadurch sehr schwer und können brechen oder die Bäume können bei Sturm ganz umgeworfen werden. Durch den stark ätzenden Harnsäure-Kot der Kormorane sterben die Horstbäume ab, die dann als kahle, weiß überkalkte Gerippe weithin sichtbar sind.

In Abständen von jeweils 2 – 3 Tagen legen die Kormorane 3 – 4 Eier. Das erste Ei wird gleich bedeckt, jedoch noch nichtbebrütet. Erst kurz bevor das letzte Ei abgelegt ist, beginnt die eigentliche Bebrütung, die 23 – 29 Tage lang dauert und durch beide Partner getätigt wird. Die frisch geschlüpften Jungtiere sind fast nackt und hilflos, sie werden intensiv gehudert. Sie bekommen eine sehr gehaltvolle, eiweißreiche Fischnahrung von den Eltern vorgewürgt oder sie holen diese aus dem weit geöffneten Rachen der Altvögel. Die Jungen werden regelmäßig zweimal am Tag gefüttert. Außer Futter wird auch Wasser zum Tränken bei heißem Wetter herbeigetragen. Nach 6 Wochen klettern die Jungen in der Umgebung des Horstes umher und werden nach 2 Monaten flügge. Nach 12 – 13 Wochen löst sich der Familienverbund auf.

Nahrung

Der Kormoran ist ein spezialisierter Fischjäger, der tagsüber und tauchend jagt. Nach erfolgreicher Jagd verlässt er stets sofort das Wasser. Je nach Nahrungsangebot und Gewässergröße jagen Kormorane einzeln, in kleinen Trupps oder sogar in größeren Gruppen, was die Form einer regelrechten Unterwassertreibjagd annehmen kann.

Auf der Gemeinschaftsjagd werden gerade in den massenhaft mit Weißfischen gefüllten, nährstoffreichen Gewässern viele Schwarmfische erbeutet. Vorrangig erbeutet er die am leichtesten zu erjagende und häufigste Fischart („Nahrungsopportunist“). Die meisten seiner Beutefische haben eine Größe von 10 – 30 cm. Aber auch für Aale, die über 60 cm lang werden können, hat er eine besondere Vorliebe entwickelt. Je nach Gewässer und dem damit verbundenen Nahrungsangebot stehen mehrere Arten wie Aal, Plötze, Güster, Brachsen, Rotfeder, Schleie, Zander, Flussbarsch, Äsche und Forelle auf seinem Speisezettel. Gelegentlich werden Wassernager, Spitzmäuse, Enten- und Rallenküken, Frösche und andere Amphibien erbeutet.

Nahrungsgewässer können in einem Umkreis von bis zu 40 km um den Brut- oder den Schlafplatz herum liegen. Während der Kormoran brütet, reduziert sich dieser Radius mitunter erheblich.

Kormorane speien unverdauliche Nahrungsbestandteile in Form von Speiballen wieder aus. Bei Gefahr würgen sowohl Jungtiere als auch Altvögel ihren Mageninhalt hervor.

Natürliche Feinde

Altvögel können durch Seeadler ergriffen, Jungtiere oder Gelege vor allem, wenn die Kolonie vorab gestört wird, durch Großmöwen oder Rabenvögel getötet und ausgeräubert werden. Einzelne Kolonien wurden durch starke Prädation von Waschbären aufgegeben. Wenn es stark stürmt, werden gelegentlich Horste oder Jungtiere zu Boden geworfen. Brüten die Kolonien am Boden, können Fuchs und Mink eine erhebliche Gefahr für die Jungtiere darstellen. Wenig bekannt ist, inwieweit sich Krankheiten, insbesondere parasitäre Infektionskrankheiten auf die Kormoransterblichkeit auswirken.

Verhalten

Bereits im Sommer ziehen die Jungvögel der Kormorane im Brutgebiet umher und besuchen verschiedene Kolonien. Die ersten Einflüge von Tieren aus nördlicheren Populationen an eisfreie Still- und Fließgewässer des Überwinterungsgebiets erfolgen bereits im Oktober und erreichen ihren Höhepunkt erst, nachdem sie vor dem Winter im Brutgebiet geflüchtet sind. Nordöstliche Populationen ziehen im Herbst weit in das Binnenland Mitteleuropas hinein.

Die Tiere rasten in großen Trupps in der Nähe von Gewässern auf Sandbänken, Flussinseln, Felsen, Pfählen und Bäumen. Während des Zugs zeigen die Kormorane meist in großer Höhe einen Formationsflug, der an den Flug der Gänse erinnert. Im Februar/März kehren die Brutpaare in ihre Brutgebiete zurück.

Bevor der Kormoran nach Beute abtaucht, ortet er mit untergetauchtem Kopf den Standort der Beute. Gelegentlich macht er vorab noch einen kleinen Sprung kopfüber ins Wasser. Seine Ruderfüße dienen ihm als Antrieb beim Tauchen. Seine Flügel setzt er nur sparsam zur Fortbewegung ein, er nutzt sie dagegen mehr, um seine Beute aufzuscheuchen. Fische werden mit dem Hakenschnabel hinter den Kiemen gepackt und bei geringer Größe bereits unter Wasser verschlungen. Größere Beute wird erst nach dem Auftauchen getötet, indem sie geschüttelt und in die Luft geschleudert wird.

Nach den Tauchgängen ruhen die Kormorane satt mit aufgefächertem Gefieder auf einem erhöhten Uferposten oder auf einem Baum. Hier trocknen sie ihr Gefieder, das aufgrund der groben Federstruktur trotz Einfettung mit Bürzeldrüsenfett durchnässt ist. Die Durchnässung des Gefieders vermindert beim Tauchen den Auftrieb und spart dadurch Kraft. Im Vergleich zu anderen Vogelarten hat der Kormoran also viel weniger Luft im Gefieder und nur mit wenig Luft gefüllte Knochen. Dies mindert den Auftrieb beim Tauchen ebenfalls. Wenn es heiß ist, hechelt er mit geöffnetem Schnabel.

Auch im Freiland kann er über 15 Jahre alt werden.