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Meeresküsten

Küsten gehören zu den wichtigsten Lebensräumen der Welt und sind die weltweit am dichtesten besiedelten Lebensräume. Entsprechend groß sind die vielfältigen Nutzungsansprüche: Häfen, Industrie, Fischerei und Tourismus. Abwässer und Abfälle des Menschen beeinflussen diesen Lebensraum erheblich und in zunehmendem Maße.

Aufgrund der einzigartigen Flora und Fauna stellen die Meeresküsten schützenswerte Lebensräume dar, die sich durch eine hohe strukturelle Vielfalt und eine hohe Produktivität auszeichnen. 

Deutschlands Küsten sind insgesamt etwa 3.660 km lang, davon fallen ca. 1.760 km auf die Nordseeküste und ca. 1.900 km auf die Ostseeküste. Für Touristen, Erholungssuchende und Sporttreibende bietet die Küste ein großes Spektrum unterschiedlicher Möglichkeiten zu Wasser und an Land.

Fast die gesamte deutsche Nordseeküste sowie ein Großteil der deutschen Ostseeküste stehen unter Naturschutz.

Die Lebensräume der Meeresküsten sind vielfältig. Typisch für den Übergangsbereich ist, dass Wasserlebensräume, Landlebensräume und vielfältige Zwischenformen existieren. Dabei haben die abiotischen Faktoren Licht, Temperatur, Sauerstoff, und Salzgehalt sowie deren zum Teil starke Veränderungen einen besonderen Einfluss auf diese Lebensräume.

Entstehung

Geologisch gesehen stellen Küsten nur eine Momentaufnahme dar. Insbesondere Meeresströmungen und Gezeiten (Tide), Prozesse wie Meeresspiegelschwankungen und Hebungen und Senkungen des Untergrundes sowie die erosive Kraft der Brandung verändern permanent den Küstenrand.

Als Übergangszone zwischen Kontinent und offener See umfasst der wasserseitige Teil der Küstenzone den Flachmeerbereich bis zum Rand des Kontinentalschelfs. Zum landseitigen Teil gehören der Küstenstreifen, der den Einflüssen des Meeres unterliegt sowie das Hinterland, das in einer funktionalen Beziehung mit dem Meer steht.

Als offene See wird das Meeresgewässer bezeichnet, dessen Boden nicht zu erkennen ist, während der Flachwasserbereich vom Sonnenlicht durchdrungen wird und abhängig vom Seegang der Meeresboden bzw. die Meerespflanzen erkennbar sind. Die Gezeitenzonen entstehen durch die unterschiedlich langen Wasserbedeckungszeiten, die durch den Rhythmus von Ebbe und Flut regelmäßig erfolgen. Den Bereich zwischen der mittleren Hochwasserlinie und der Sturmflutlinie bilden die Strände. An sandigen Anlandungsküsten folgen im typischen Strandprofil Spülsaum, Sandstrand, Dünenlandschaft und Vorland.

Nord- und Ostsee

Nord- und Ostsee sind Schelfmeere. Nur an wenigen Stellen sind sie tiefer als 200 m. Während der Eiszeiten waren sie immer wieder von Gletschermassen bedeckt. Seitdem steigt der Meeresspiegel bei gleichzeitigem Absinken der Erdkruste. 

Die Ostsee gilt als das größte Brackwassermeer der Erde. Die Fördenküsten von Jütland bis zur Kieler Förde sind Landsenkungsgebiete. Zwischen dem Darß und dem Oderhaff herrscht eine Boddenlandschaft vor. Für die Nordsee ist das Wattenmeer charakteristisch. Es ist bei steigendem Meeresspiegel und Landsenkung mit der Öffnung des Ärmelkanals entstanden. Während in der Ostsee kaum Einfluss durch den Tidenhub besteht, sind regelmäßiges Überfluten (Flut) und Trockenfallen (Ebbe) des Meeresbodens das prägende Merkmal im Gezeitenmeer. 

Wasserkörper

Im freien Wasser sind Lebewesen zu finden, die auf der Wasseroberfläche treiben wie Algen- und Schneckenarten und andere wie Bakterien, Pilze, Kleinkrebse oder auch Fischlarven. Organismen ohne oder mit nur geringer Eigenbewegung werden als Plankton bezeichnet, im Gegensatz zum Nekton, das sich wenig beeinflusst von der Strömung fortbewegt, wie Fische, Meeresreptilien oder Meeressäuger.

Meeresboden

Der Meeresboden im Schelfbereich heißt Litoral. Je nach Beschaffenheit des Meeresbodens und Wasserbedeckungszeiten existieren im Litoral unterschiedliche Lebensräume. Substrate wie Fels, Sand oder Schlick bieten Lebensraum auf und im Meeresboden. Der Rhythmus von Ebbe und Flut bedeutet für Meereslebewesen, dass sie Trockenperioden und für Landbewohner, dass sie Überflutungen überstehen müssen. Bei Ebbe ist an Land die Temperaturamplitude relativ groß. Durch Verdunstung oder Regen kann der Salzgehalt stark variieren. Im Wasser nimmt die Lichtmenge rapide ab. Photosynthese ist meist unterhalb von 30-50 m kaum mehr möglich. Auch Sauerstoffgehalt und Temperatur sinken mit der Tiefe.

Insgesamt müssen die Arten in diesen Lebensräumen eine hohe Stresstoleranz aufweisen und sich dem Lebensraum stark anpassen. Sie sind hochspezialisiert. So graben sich beispielsweise einige Arten bei Ebbe ein und andere überdauern die Flut in Luftblasen im Sediment, um ihre Atmung zu gewährleisten. 

Landlebensräume

Die Lebensräume, die jenseits der Küstenlinie landeinwärtsliegen, Kiesstrände und Felsenküsten, Küstendünen und Salzwiesen sind nicht weniger heterogen. Die Arten müssen Nährstoffarmut, starker Sonneneinstrahlung, geringer Bodenfeuchte, hohen Tagestemperatur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen trotzen. Der Wind fegt Sandkörner über offene Flächen, was der Wirkung von Schmirgelpapier gleicht oder auch zu Übersandung führt. Die Vegetationsperiode der mittleren Breiten verhindert die schnelle Entwicklung einer Pflanzendecke.

Die Küste stellt vielseitige Lebensraumkomplexe dar. Verglichen mit einem Wald bietet sie jedoch viel weniger Strukturen und ökologische Nischen und dadurch eine geringere Artenvielfalt. Die Arten, die mit den extremen Lebensbedingungen zurechtkommen, sind dafür oft in besonders großer Individuenzahl anzutreffen. Darüber hinaus sind etwa zwei Drittel der bekannten marinen Arten von Küstensystemen abhängig. Die Küsten dienen nicht nur als Dauerlebensraum, sondern bieten auch Brut- und Rastvogelarten im Winter und Frühjahr ein Quartier.

Typische Tierarten

Aalmutter, Brandgans, Dorsch, Eiderente, Flunder, Grasnadel, Grundel, Hering, Hornhecht, Kegelrobben, Kleine Schlangennadel, Kranich, Krebstiere, Möwen, Muscheln, Nesseltiere, Nordseeschnäpel, Plattfisch, Ringelgans, Schnecken, Scholle, Schweinswale, SeeadlerSeehund, Stachelhäuter, Stör, ZiegenmelkerWatvögelWeißwangengans

Meeresküsten sind beliebte Urlaubsziele. Die meisten europäischen Urlauber*innen verbringen ihren Urlaub am Meer. So haben die Küstenregionen Deutschlands auch die höchste Anzahl an Gästeübernachtungen im Vergleich zum Binnenland. Am Meer fühlen sich die Menschen frei. Sie genießen den unverbauten Blick und die frische Seeluft. Das Meeresrauschen hat eine beruhigende Wirkung. Sonne und Reizklima stärken das Immunsystem. All dies und die vielfältigen Möglichkeiten an Aktivitäten machen die Küstenregionen auch für Natursportler attraktiv.

Sportarten

Die Küste bietet Raum für verschiedene Wasser-, Luft- und Landsportarten. Die Angebote an Möglichkeiten zum Laufen und Reiten, Dünen- und Wattwanderungen, GeocachingRadfahren entlang von Küstenradwegen und Golfen ist an den Küsten vielfältig. Auch KanufahrenKite- und Windsurfen sowie Segeln und Tauchen gehören zu den gängigen Sportarten. Segelflug, Motorflugsport, UltraleichtfliegenModellfliegenBallonfahren und Lenkdrachen sind an den Küsten beliebt. Sogar für Paragliding bzw. Küstensoaring gibt es ein offiziell zugelassenes Gebiet an der Schleswig-Holsteinischen Ostseeküste.

Meist sind die Aktivitäten auf die Sommersaison beschränkt. Insbesondere in Urlaubszeiten werden die Küsten besonders stark frequentiert. Einige Sportarten wie Angeln, Surfen (Kitesurfen, Wellenreiten, Windsurfen) oder Strandsegeln werden aber auch im Frühjahr und im Herbst ausgeübt oder sogar im Winter wie etwa Eissegeln und Eisangeln.

Aus der hohen Frequentierung durch Tourismus und Sport ergibt sich für die Küstenlebensräume jedoch auch eine Belastung. Um die Eigenart und Schönheit der Küstenlandschaften als Erholungsraum zu erhalten und gleichzeitig die vielfältigen Biotope zu schützen, bedarf es einer behutsamen Lenkung der Besucher*innen, Aufklärung und eines klaren Reglements.

Gefährdung

Meeresküstenlebensräume sind durch anthropogene Störfaktoren wie Bebauung, Schad- und Nährstoffeintrag, Überfischung, Ölförderung, Schifffahrt, Eindeichungen und intensive Beweidung gefährdet. Aber auch durch Tourismus und Freizeitaktivitäten und den damit verbundenen Belastungen, wie ein erhöhtes Verkehrsaufkommen sowohl zu Land als auch zu Wasser und Lärm können störungsempfindliche Arten beeinträchtigt werden. Hiervon ist v.a. die reichhaltige Avifauna betroffen. Die Vögel (Ringelgans) werden aus ihren Rast-, Nahrungs- und Brutplätzen in den DünenSalzwiesen und auf dem Strand aufgescheucht und vertrieben. Insbesondere Flugsport kann in den Brutzeiten störend sein. Fast alle Vogelarten werden von Beutegreifern aus der Luft angegriffen. Auf Flugobjekte reagieren sie deshalb mit Auf- und Wegfliegen. Dieser Auslösemechanismus ist auch bei anderen Tieren zu beobachten. Die Auswirkungen auf die Vögel durch jegliche Störungen sind ein erhöhter Energieumsatz und ein wesentlich erhöhter Zeitbedarf für die Nahrungsaufnahme, was nachweislich den Bruterfolg beeinflussen kann. Beunruhigungen können aber auch direkt zur Vertreibung aus einem Gebiet führen.

Auch Seehunde und Kegelrobben, die durch plötzliche Störungen aufschrecken sind gefährdet. Sie reagieren auf Menschen mit Flucht. Dies hat vor allem für Jungtiere fatale Folgen: die Säugezeit wird verkürzt und auf der Flucht kann der noch nicht verheilte Nabel aufreißen und eine tödlich verlaufende Nabelentzündung entstehen.

Eine weitere Belastung erfolgt durch Tritt, wenn die ausgewiesenen Wege verlassen werden, beispielsweise auf dem Weg zur Einlassstelle von Wassersportgeräten. Die Zerstörung von Pflanzen durch Trittschäden kann Initialstadien der Vegetation gefährden und damit die weitere Entwicklung verhindern. Oft hinterlassen Touristen Abfälle. Sie können von Meerestieren und Seevögeln mit Nahrung verwechselt oder zu Fallen für kleine Tiere werden.

Zum Schutz der Lebensräume in den Küstenregionen muss der Nähr- und Schadstoffeintrag v. a. über die Flüsse ins Meer stark reduziert werden. Zum Erhalt der natürlichen Überflutungs-, Erosions- und Küstenumlagerungsdynamik sind beispielsweise ein weitgehender Verzicht auf Küstenverbau und die Einrichtung von Schutzzonen ohne Befischung erforderlich. Weitere Teilbereiche sollten als Totalreservate ohne jegliche Nutzung ausgewiesen werden, damit dauerhaft Ruhe- und Aufzuchtzonen vorhanden sind. Marine Natura 2000-Gebiete sollten von Bodenabbau und Windenergieanlagen frei bleiben. Eindeichungen und Entwässerungen von Salzwiesen und Dünentälern sowie intensive landwirtschaftliche Nutzung sind zu vermeiden. Größere Teilbereiche in den FFH-Gebieten sollten ohne Badebetrieb als naturnahe Strände erhalten werden, damit sich die Vegetation ungestört entwickeln kann.

Schutzgebiete

Große Teile der deutschen Küstengebiete stehen unter Schutz. Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen haben ihre Wattenmeeranteile als Nationalparks ausgewiesen. Mecklenburg- Vorpommern hat mit den Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft und Jasmund Teile der Ostseekküste unter Schutz gestellt. Hinzu kommen Naturschutzgebiete, Biosphärenreservate sowie Natura 2000-Schutzgebiete. Die UNESCO hat das Wattenmeer Ende Juni 2009 in die Liste des Welterbes aufgenommen.

Der Nationalpark ist die höchste Naturschutzkategorie in Deutschland, d.h. dass hier die strengsten Auflagen für menschliche Tätigkeiten gelten. Die Zonierung in den verschiedenen Nationalparken variiert sowohl in ihrer Bezeichnung als auch in der Anzahl. Völlig unberührt soll im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer nur das 125 km² große „Nutzungsfreie Gebiet“ zwischen den Inseln Sylt und Föhr bleiben. In der Ruhezone des Niedersächsischen Wattenmeers ist das Wandern, Reiten und Radfahren auf den ausgewiesenen Wegen erlaubt. Auch die Schutzzone I des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft lässt das Betreten auf den vorgesehenen Wegen zu.

Die sogenannten "Nullnutzungsgebiete" bedeuten also nicht, dass der Mensch im Nationalpark überhaupt nicht tätig sein darf. Die Nationalparke ermöglichen mit vielfältigen Angeboten das Erleben von Natur und Landschaft. So werden Lehr- und Erlebnispfade, Wanderungen, Radtouren, Geocaching angeboten und über Wander-, Reit- und Radwege informiert. Motor- und Segelboote, Kanu- und Kajakfahren sowie Surfen sind in bestimmten Zonen unter bestimmten Befahrensregelungen erlaubt. Selbstverständlich gelten für alle Nutzer bestimmte Verhaltensregeln, um die empfindlichen Teile von Natur und Landschaft vor Schäden durch das hohe Besucheraufkommen zu bewahren.

Naturnutzer wie Erholungsuchende oder Sportler, werden zunehmend unmittelbar in Schutzkonzepte eingebunden. Durch Kooperation sollen sowohl für Naturschutz als auch für Nutzer Vorteile entstehen. Dies setzt ein Mindestmaß an Kenntnissen über die Motivation des Partners, an Verständnis und Akzeptanz füreinander voraus. Ein wichtiger Schritt hin zur gegenseitigen Akzeptanz besteht in der Vermittlung der Faszination, die einerseits von der Betrachtung der biologischen Vielfalt des Lebensraums und andererseits von der Ausübung des Sports ausgeht.

Auch außerhalb der Schutzgebiete müssen Vereinbarungen getroffen werden, bestimmte Gebiete zu bestimmten Zeiten für Besucher zu sperren. Laich-, Brut- und Aufzuchtzeiten sind zu berücksichtigen, damit die Tiere in diesen sensiblen Phasen ungestört bleiben. Durch Besucherlenkung können gefährdete Bereiche geschont werden. Eine gezielte Umwelterziehung und -information soll für die empfindlichen Ökosysteme sensibilisieren und diese damit zu einer Attraktion machen. Auch der Verschmutzung durch Abfälle kann dadurch entgegengewirkt werden.