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Alpenschneehuhn

Alpenschneehuhn (Lagopus mutus)
Rote Liste Deutschland 2007: R (Art mit geografischer Restriktion)

Das Alpenschneehuhn bewohnt kalte Klimazonen. In den Alpen leben etwa 20.000 bis 30.000 Paare (Bauer et al. 2005), davon 150 bis 250 in Deutschland (Sudholdt et al. 2013). Der wissenschaftliche Name des Schneehuhns Lagopus (dt. Hasenfuß) leitet sich von den bis zu den Zehen herab befiederten Beinen ab.

Verbreitung

Das Alpenschneehuhn ist ein ursprünglicher Tundrabewohner und war in den Eiszeiten in Europa am weitesten verbreitet. Heute lebt es in der arktischen und subarktischen Zone Europas, Asiens und Nordamerikas bis in die Schneewüsten Nordkanadas und Nordgrönlands, aber auch auf Island und Spitzbergen.
Isolierte Vorkommen leben in den Hochgebirgen Zentraljapans, ebenso wie in Mitteleuropa. Hier bewohnt es ganzjährig Gebirgsregionen oberhalb der Waldgrenze, so in den Alpen, Pyrenäen und in Schottland. Das Alpenschneehuhn existiert noch in 3600 m Höhe, brütet aber nur bis 2400 m.

Gebirge

Mit Steinen übersäte Berghänge, Felsblöcke und Mulden mit oft langer Schneebedeckung und reicher Zwergstrauchvegetation werden bevorzugt. Entsteht ein Mosaik aus windgeschützten Stellen, exponierten Aussichtspunkten, sonnigen, schattigen, trockenen und feuchten Flächen, dann fühlt sich das Schneehuhn am wohlsten. Bei sehr starken Schneefällen weicht es bis in die Grünerlenzone unterhalb der Baumgrenze aus oder gräbt unter dem Schnee nach Nahrung.

Alpenschneehühner sind unterschiedlichen Gefährdungen ausgesetzt:

  • Durch ganzjährigen Massentourismus wird der Lebensraum des Alpenschneehuhns in den Alpen stellenweise massiv gestört. Dies führt zu verminderter Fortpflanzung oder sogar zur gesamten Zerstörung des Lebensraums.
  • Tödliche Unfälle gibt es vor allem bei schlechter Sicht durch Anflug an Drahtseilen von Skiliften oder Seilbahnen.
  • Skitourengänger und Skiabfahrer, die sich abseits der Pisten bewegen, können schon durch einmalige Störung Fluchtreaktionen der Tiere und einem damit verbundenen lebensbedrohlichen Energieverlust auslösen.
  • Freilaufende Hunde können bei zunehmender Nutzung von alpinen Wanderwegen zu einem Problem werden.
  • Überflüge mit Fluggeräten können zu erheblichen Störungen führen, da sie von den Alpenschneehühnern als Flugfeinde wahrgenommen werden. Die Schneehühner zeigen demzufolge heftige Fluchtreaktionen mit der Folge, dass Gelege auskühlen oder Feinden zur Beute werden.
  • Die durch die Tollwutimmunisierung stark angestiegene Fuchspopulation erzeugt einen deutlich zunehmenden, ganzjährigen Feinddruck.
  • Eine Folge schneearmer, nasskalter Winter lassen die Tiere krankheitsanfälliger werden. Zusätzlich geht die Möglichkeit, sich in Schneehöhlen zu schützen, verloren.
  • Regnerisches und kühles Wetter in der Kükenaufzuchtszeit mindert den Zuwachs und damit den Bestand.
  • Erhebliche Verluste kann es geben, wenn sich Schneehühner nach einem plötzlichen Wetterumschwung mit einhergehender Verharschung der Schneeoberfläche aus ihren Schneehöhlen über längere Zeit nicht befreien können.

Das Alpenschneehuhn und seine Lebensräume können durch folgende Maßnahmen geschützt werden:

  • Schneehuhnbiotope (und Raufußhuhnbiotope allgemein) müssen auch im Winter von Skibetrieb gleich welcher Art freigehalten werden, da gerade diese Winterlebensräume sehr sensibel sind.
  • Ein ganzjähriges Wegegebot auf vorgeschriebenen Wanderwegen und eine Anleinpflicht für Hunde – auch oberhalb der Baumgrenze – sind zwingend.
  • Weitere Erschließungen mit Liftanlagen oder zusätzlichen Startstellen für Gleitschirme und Hängegleiter sowie eine Ausweitung des Wanderwegenetzes oberhalb der Waldgrenze dürfen nicht erfolgen.
  • Intensive Weidewirtschaft mit Schafen und Ziegen, stellenweise auch durch Rinder, kann langfristig die Nahrungsgrundlage der Schneehühner gefährden oder durch Zertreten der Gelege Probleme bereiten.

Systematik

Ordnung: Galliformes (Hühnervögel)
Familie: Tetraonidae (Rauhfußhühner)

Aussehen

Das Alpenschneehuhn ist etwas größer als ein Rebhuhn. Die Hähne werden mit 375 – 610 g etwas schwerer als die Weibchen mit 345 – 470 g. In Europa färben sich die Tiere regelmäßig im Herbst und im Frühjahr durch Gefiedermauser um. Ganzjährig weiß sind die Flügel, der Bauch und die komplett befiederten Füße. Im Sommer ist der Hahn auf der Oberseite, auf der Vorderbrust und an den Flanken dunkel braungrau mit einer schwarzen Marmorierung. Vor allem zur Balz treten kräftige rote Hautlappen, die sogenannten Rosen, über dem Auge hervor. Die Henne ist heller gelbbraun mit dunkelbrauner Bänderung und kleineren Rosen. Einzelne weiße Federn können sich, meist verdeckt und auch im Sommerkleid, an allen Körperpartien befinden.

Im Winter passen sich die Tiere durch Weißfärbung ihrem Lebensraum im Gebirge an. Bis auf das mittlere Paar bleiben die Schwanzfedern, die Oberschwanzdeckfedern und bei männlichen Tieren ein Zügelstreifen von der Schnabelbasis bis weit hinter die Augen schwarz. Die schwarzen Schwanzfedern werden in der normalen Körperhaltung auf dem Boden von den beiden mittleren weißen Federn verdeckt. Erst im Flugbild oder während der Balz, wenn die Schwanzfedern zu einem Halbkreis aufgefächert werden, werden sie sichtbar. Der gesamte Fuß einschließlich der Zehen ist befiedert. Das wärmt und erleichtert den Hühnern das Laufen über Schneeflächen.

Eine Besonderheit ist das herbstliche Übergangskleid, das grauer und feiner gezeichnet ist als das bräunliche Sommerkleid. In Grönland färben die Tiere nicht mehr vollständig in das tarnfarbig braungraue Sommergefieder um, da immer genügend schneebedeckte Flächen, auch über den kurzen Sommer, im Habitat verbleiben.

Intensiv pflegen die Tiere ihr Gefieder während ausgiebiger Staub- und Sonnenbäder.

Fortpflanzung

Bereits im auf die Geburt folgenden Frühjahr beteiligen sich Junghühner an Balz und Aufzucht. Spezielle Plätze für die Balz sind nicht bekannt. Die Henne führt die Jungtiere nach dem Schlüpfen in höhere Lagen, im Winter werden tiefere Lagen, schneefreie Grate oder Südhänge bevorzugt.

Die Balz zieht sich von Mitte April bis Ende Juni hin. Hahn und Henne bleiben in Einehe (Jahresehe) zusammen. Das Nest wird gerne an Hängen, angelehnt an Steine oder gedeckt unter Zwergsträuchern angelegt. Nester finden sich gelegentlich auch in der Latschenzone. Entweder dienen Bodenvertiefungen oder selbstgescharrte Mulden als Nest, welche meist nur mit wenig Pflanzenmaterial oder Mauserfedern ausgepolstert wird.

Der Legebeginn erstreckt sich, je nach Frühjahrsentwicklung und Höhenlage des Standorts, von Ende Mai bis Anfang Juli. Die Henne allein bebrütet dreieinhalb Wochen lang 5 – 9 Eier. Der Hahn bleibt während der Brutzeit als Wächter im Revier der Henne und vertreibt oder verleitet Feinde durch „Krankstellen“ aus dem Nestbereich.

Wenn die Küken geschlüpft sind, schließt sich der Hahn dem von der Henne betreuten „Gesperre“ (den Junghühnern) an oder er streicht in der Gegend umher. Die Jungen können mit 2 – 3 Wochen bereits gut fliegen. Die Familie löst sich vor Einsetzen der Herbstbalz, meist Ende August/September auf. Während der Herbstbalz und vor der Bildung der Wintervölker werden die diesjährigen Junghühner mit der Hierarchie der Tiere und dem weiteren Gebiet vertraut. Je mehr Junghühner vorhanden sind, um so lebhafter verläuft die Herbstbalz, bei der es nicht zu Verpaarungen kommt. Hier werden lediglich die Rangordnungen ausgebildet.

Nahrung

Alpenschneehühner ernähren sich überwiegend vegetarisch mit einer saisonal unterschiedlichen Futterzusammensetzung. Vor allem eiweiß- und zuckerreiche Pflanzenteile bzw. Insekten werden gefressen. Sie nehmen Triebe, junge Blätter, Knospen, Beeren, Kätzchen (männliche Blütenstände mancher Bäume und Sträucher) und als Küken vor allem Insekten und Spinnen zu sich.

Nahrungsgrundlage im Winter bilden Knospen von Zwergsträuchern wie Heidel-, Preisel- und Krähenbeere, Bärentraube, Alpenrose, Gämsheide sowie von Weiden und Grünerlen. Auch Magensteinchen werden immer wieder aufgenommen. Diese kleinen Steinchen finden die Alpenschneehühner entlang von Pfaden, an den Ufern von Rinnsalen und Bächen oder an ihren Huderstellen (Staubbadeplätzen).

Natürliche Feinde

Natürliche Feinde des Alpenschneehuhns sind Steinadler, Uhu und Fuchs. Gelegentlich, vor allem nach Störungen, kann der Kolkrabe als Eierräuber eine Rolle spielen.

Verhalten

Das Alpenschneehuhn ist tagaktiv und ein schneller, ausdauernder Flieger. Auf der Suche nach Nahrung und zum Schutz vor Kälte gräbt es Schneehöhlen. Selbst nach der Schneeschmelze sucht es die letzten Schneefelder auf, um dort in kalten Nächten Schneehöhlen zum Übernachten anzulegen und Energie zu sparen. In den Schneehöhlen werden die arktischen Fröste erheblich abgemildert. In ihnen können bei einer Außentemperatur von – 20 °C Temperaturen um 0 °C herrschen. Die Tiere nehmen instinktiv die Kugelform als energetisch günstigste Form an und ruhen oft auch tagsüber in der Schneehöhle.

Dabei hinterlassen sie einen Kothaufen, an dem man erkennen kann, wie lange sich die Tiere dort aufgehalten haben. Eine Kotwalze entspricht dabei einer Aufenthaltszeit von einer Viertelstunde, da sie in diesem Rhythmus abgegeben werden. Vor allem nach der Schneeschmelze im Frühjahr findet man die dann freigelegten Kothaufen.

Über ein halbes Jahr leben die Tiere in Wintervölkern gesellig in gemischt-geschlechtlichen Trupps. Auch Hennen mit erst wenige Tage alten Küken schließen sich gerne zusammen. Im Winter findet man eher kleinere Gruppen von bis zu 30 Tieren, seltener werden Ansammlungen von bis zu 100 Tieren erreicht. Sind die Gruppen im Überwinterungsraum weit verteilt, nutzen die Tiere das spärliche Nahrungsangebot besser aus und vermeiden Konkurrenz.

Zur Brutzeit sind die Hähne aggressiv und territorial. Der Hahn zeigt während der Balz sowohl Balzflüge als auch eine Bodenbalz. Er fliegt im Steigflug bis 80 m hoch, schließt einen kurzen Gleitflug und nach der Landung eine Balzpose mit weit aufgefächertem Schwanzgefieder und wippenden Körperbewegungen an. Alle Formationen werden mit jeweils typischen Rufen begleitet. Bei der Bodenbalz streckt der Hahn – ähnlich dem Birkhahn – den Kopf nach vorne, zeigt der Henne beim Umkreisen mit abgesenktem Flügel und aufgefächerten Stoß seine volle Breitseite. Durch seine abgesenkten Flügel erzeugt der Hahn während der Balz neben seinen Fußspuren beiderseits Schleifspuren auf Schneeflächen. Dies wird als „Schlittenziehen“ bezeichnet. Nach Auflösung der Wintergesellschaften suchen einzelne Hennen der Reihe nach einzelne Hahnenreviere auf und lassen sich schließlich vom sie am beeindruckendsten umwerbenden Hahn begatten („treten“).

Schneehühner sind meistens zu Fuß im Gelände unterwegs und vermeiden das Fliegen. Sie bewegen sich stets sichernd und geduckt, optimal getarnt, in der niedrigen alpinen Vegetation. Gleitflüge werden meist nur kurz und flach über dem Gelände durchgeführt.