Fischotter
Fischotter (Lutra lutra)
Rote Liste Klassifizierung 2007: Diese Art ist derzeit gefährdet.
Bei einem Fischotter handelt es sich um ein an den Lebensraum Wasser angepasstes Raubtier aus der Familie der Marder. Er zeichnet sich durch sein besonderes Fell aus und ist auch aufgrund seiner Schwimmhäute ein sehr guter Schwimmer und Taucher. Flache Flüsse mit zugewachsenem Ufer und Überschwemmungsebenen sind sein bevorzugter Lebensraum.
Lange Zeit wegen seines Pelzes und als Fastenspeise geschätzt, wurde er gefangen und als Fischereischädling strikt bejagt. Der Ausbau von Flüssen zu Wasserstraßen für den Schiffsverkehr, die zunehmende Gewässerverschmutzung seit Anfang des 19. Jahrhunderts sowie die Begradigung von kleineren Fließgewässern haben ihn systematisch aus seinen Lebensräumen vertrieben und in Mitteleuropa fast zum Aussterben gebracht.
Der Fischotter ist in ganz Europa und Asien nördlich bis zum Polarkreis sowie im westlichen Nordafrika beheimatet. In Deutschland blieben lediglich in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg flächige Vorkommen erhalten. Eine kleine Restpopulation überlebte auch in Ostbayern im Bayrischen Wald im Grenzgebiet zu Tschechien. Aufgrund des strengen Schutzes der Restbestände und eingeleiteter Schutzmaßnahmen konnten diese Populationen erhalten werden.
Ausgehend von den Rückzugsgebieten gelang durch Schutzprogramme und Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung seines Lebensraums eine Stabilisierung der Bestände, sogar eine langsame Zunahme und eine Wiederbesiedlung: Über die Elbe und ihre Nebenflüsse erfolgte die Ausbreitung in Teile Sachsens, Sachsen-Anhalts und kleine Bereiche Niedersachsens sowie Schleswig-Holsteins.
Der aktuelle Gesamtbestand in Deutschland ist nicht bekannt, da sich der Fischotter aufgrund seiner heimlichen Lebensweise und der sehr großen Aktionsräume einer Zählung weitestgehend entzieht. Schätzungen gehen derzeit von mehr als 1.000 Tieren aus. Somit ist er immer noch als sehr selten einzustufen. Vermeintliche Ottersichtungen kommen insbesondere in Gebieten ohne bislang gesicherte Vorkommen regelmäßig vor. Nach kritischer Prüfung stellen sich diese Beobachtungen meist aber als falsch heraus, weil der Fischotter mit Nutria, Bisam oder sogar Biber verwechselt wurde. Auf Basis der derzeitigen Bestandssituation ist der Fischotter aber weiterhin als „gefährdet“ einzustufen.
Fischotter besiedeln alle vom Wasser beeinflussten Lebensräume, d.h. die Meeresküsten, Flüsse, Seen und Teiche bis hin zu Sumpf- und Bruchflächen. Bevorzugt werden störungsarme Gewässerlebensräume, die auf kleinem Raum vielfältig strukturiert sind, mit Flachwasserzonen und Tiefenbereichen. Großräumige, vernetzte und vielfältige Gewässersysteme mit sauberem, klarem Wasser und ausreichendem Nahrungsangebot bieten die besten Überlebenschancen für den Fischotter.
Jagd
Die Begründung für den dramatischen Rückgang im 19. und frühen 20. Jahrhundert liegt in der rücksichtslosen Jagd. Das wertvolle Fell machte den Fischotter zu einer begehrten Jagdbeute. Noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts wurden in Deutschland 10.000 Felle abgeliefert.
Zerstörung des Lebensraumes
Trotz erkennbarer leichter Bestandszunahmen unterliegt der Fischotter auch heute noch offenkundigen Gefährdungsursachen, worunter die Lebensraumzerstörung und die Gewässerverschmutzung am schwerwiegensten sind. Lebensraumzerstörungen sind vor allem durch den Gewässerausbau und deren touristische Nutzung bedingt sowie eine Folge der Landschaftszersiedlung, beispielsweise durch den Ausbau der Verkehrswege oder die Ausweisung von Gewerbegebieten.
Als Hauptgefährdungs- und Mortalitätsfaktor gelten derzeit der Tod im Straßenverkehr sowie der Einsatz von Fischreusen, in denen Fischotter unbeabsichtigt gefangen werden und umkommen. Ein besonders hohes Gefährdungspotential liegt in der Neuanlage von Straßen, wenn Wanderkorridore oder Lebensräume der Fischotter gequert und zerschnitten werden.
Planungsmaßnahmen im Straßenwesen (Fischottererlass des Landes Brandenburg), aber auch unterschiedliche Schutzkonzeptionen (Artenschutzprogramm Elbebiber und Fischotter des Landes Brandenburg) tragen dazu bei, besonders gefahrenträchtige Zerschneidungs- und Barriereeffekte von Verkehrswegen oder Lebensraumverlust zu vermeiden bzw. zu vermindern.
Obwohl der Fischotter zum jagdbaren Wild zählt, darf er in Deutschland seit 1968 nicht mehr gejagt werden.
Der Fischotter fällt zum einen unter Anhang II der FFH-Richtlinie (Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für die besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen) und Anhang IV (streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichen Interesse). Er ist auch im Anhang A der EG Artenschutzverordnung VO(EG)Nr. 338/97 zur Überwachung des internationalen Handels mit geschützten Arten aufgeführt.
Systematik
Ordnung: Carnivora (Raubtiere)
Überfamilie: Canoidae (Hundeartig)
Familie: Mustelidae (Marder)
Unterfamilie: Lutrinae (Otter)
Gattung: Lutra (Altweltotter)
Aussehen
Die stromlinienförmige Körperform des Fischotters ist hervorragend an das Leben im Wasser angepasst. Der Fischotter hat eine Größe von 110 – 130 cm, von denen 40 cm auf den Schwanz entfallen, und wiegt etwa 7 – 12 kg. Neben dem Nerz ist er das einzige heimische Raubtier Deutschlands, das zwischen den Zehen Schwimmhäute aufweist. Die Schwimmhäute werden beim Schwimmen und Tauchen gespreizt und bewirken so eine schnellere Fortbewegung im Wasser.
Der Pelz des Fischotters zeichnet sich durch eine besonders effektive Isolation gegen Nässe und Kälte aus. Dies ist auf seine ungewöhnliche Struktur zurückzuführen: Wie bei einem Reißverschluss sind die Haare mittels mikroskopisch kleiner, ineinander greifender Keile und Rillen miteinander verzahnt. Dieses dichte Pelzgeflecht mit rund 50.000 Haaren auf 1 cm2 hält einerseits isolierende Luftblasen fest und weist gleichzeitig Wasser ab. Obwohl der Fischotter nicht über dicke Fettschichten verfügt, bleibt die Haut des Otters dadurch trocken und der Körper warm.
Der Kopf des Fischotters ist breit und flach mit kleinen Augen und Ohren, einer stumpfen Schnauze und langen dichten Tasthaaren. Am Rücken ist sein Fell dunkelbraun, am Bauch hellbraun und im Bereich von Kehle und Kinn weißgrau.
Fortpflanzung
Fast das gesamte Jahr über leben Männchen und Weibchen einzeln in einem intensiv markierten Gebiet und bleiben auch während der Paarungszeit nur sehr kurz zusammen.
Das Weibchen bringt normalerweise einmal im Jahr zwischen April und Juni 1 – 3 Junge zur Welt. Die Jungen wiegen bei der Geburt etwa 100 g und öffnen ihre Augen erst 5 Wochen nach der Geburt. Feste Nahrung wird ab der 7. Woche aufgenommen. Nach 10 Wochen verlassen sie mit ihrer Mutter erstmals die Wurfhöhle und werden etwa mit 9 – 12 Monaten selbständig. 18 – 24 Monate nach der Geburt setzt die Geschlechtsreife der Jungtiere ein.
Männliche Otter beteiligen sich nicht an der Jungenaufzucht, können sich aber in der Nähe des Familienverbandes aufhalten.
Das Höchstalter der Fischotter liegt bei ca. 18 Jahren; in der Regel werden sie jedoch nicht älter als 10 Jahre.
Nahrung
Die Hauptnahrung besteht überwiegend aus Fisch, wobei kleinere Exemplare bis 20 cm bevorzugt werden. Aber auch wenn es der Name nahelegt, frisst der Fischotter nicht nur Fisch. Je nach Lebensraum und Jahreszeit ernährt er sich auch von Muscheln, Krebsen, Fröschen, Schnecken, Würmern und Insekten, die er im Gewässer oder im Uferbereich aufstöbert. Gelegentlich frisst er auch Mäuse, Ratten und Bisam, auch Aas wird nicht verschmäht.
Natürliche Feinde
In Deutschland haben Fischotter nur wenige natürliche Feinde. In manchen Landesteilen fallen Fischotter gelegentlich dem Wolf, dem Luchs oder Seeadlern zum Opfer. Attacken werden auch von frei laufenden bzw. wildernden Hunden gemeldet. Meist werden vor allem weniger erfahrene Jungtiere erbeutet.
Verhalten
Der Fischotter ist überwiegend Einzelgänger. Er ist ein dämmerungs- und nachtaktives Tier und in störungsfreien Gebieten teilweise auch am Tag unterwegs. Als Unterschlupf nutzt der Fischotter ufernahe natürliche Höhlungen wie Uferunterspülungen, -auskolkungen und -abbrüche, die etwas erweitert werden, aber auch von anderen Tieren wie Fuchs oder Bisam angelegte Baue.
Seine Schlaf- und Ruheplätze, die meist in Ufernähe angelegt werden, sind unscheinbar und werden häufig gewechselt. Das Streifgebiet eines Otters ist sehr groß und umfasst mehrere Kilometer Gewässerlänge.
An markanten Stellen wie Baumstümpfen, auf Steinen oder Sandbänken markiert er sein Revier durch Duftstoffe und Kotabgabe, an der sich Fischotter untereinander erkennen können. Wenn nötig legt der Fischotter auch größere Strecken über Land zurück, beispielsweise wenn er zwischen Gewässerläufen oder Teichen wechseln muss. Er kann bis zu 2 m hohe Zäune überwinden, kann mehr als 1 m hoch und 1,5 m weit springen und klettert sogar auf Bäume. Meist hält er sich jedoch in Ufernähe auf.
In einer Nacht kann er Strecken bis zu 20 km zurücklegen. Streifgebiete von über 80 km entlang eines Flusslaufs sind bekannt. Im Winter, wenn Teiche und Seen zugefroren sind, ist sein Lebensraum erheblich eingeschränkt und ihm verbleiben nur die Bereiche mit offenem Wasser zur Nahrungssuche.
Fischotter sind herausragende Schwimmer und Taucher, die bis zu 8 min lang und bis zu 18 m tief tauchen können. Sie können beim Tauchen Ohren und Nase verschließen und verhindern so das Eindringen von Wasser. Beim Schwimmen ragen Kopf und Hals aus dem Wasser heraus, der restliche Körper bleibt unter Wasser.
Die Laute, die der Fischotter von sich gibt, lassen sich als Pfeifen, Trillern, Quieken, Knurren, Kreischen und Drohschreie beschreiben.