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Silbermöwe

Silbermöwe (Larus argentatus)
Andere bekannte Namen: Haffmöwe, Blaumantel, Kobbe, Katthals
Rote Liste Deutschland 2007: Diese Art ist derzeit nicht gefährdet.

Die Silbermöwe ist die häufigste Großmöwe in Nord- und Westeuropa. Der Bestand der Silbermöwe in Deutschland liegt bei 44.000 – 45.000 Brutpaaren. Er ist seit dem 19. Jahrhundert Zu- und Abnahmen unterworfen durch Lebensraumverluste und direkte Verfolgung einerseits, neue Nahrungsquellen (Müllkippen) und mildere Winter andererseits (Südbeck et al. 2007). Der Gesamtbestand in Deutschland liegt bei 29.000 bis 36.000 Brutpaaren (Sudholdt et al. 2013).

Da Möwen durch ihre salzhaltige Nahrung und durch das Trinken von Meerwasser große Salzmengen aufnehmen, haben sie besondere Salzausscheidungsdrüsen entwickelt. Diese sitzen auf der Kopfoberseite im Stirnbereich und scheiden das Salz in konzentrierter Form wieder aus.

Verbreitung

Die Silbermöwe ist im oberen Teil der nördlichen Hemisphäre weit verbreitet und bildet verschiedene Rassen aus. Das Hauptüberwinterungsgebiet skandinavischer und mitteleuropäischer Tiere reicht von der südwestlichen Ostsee und Süd-Norwegen über die Nordseeküste bis zu den Britischen Inseln und nach Frankreich.

Küste

Die Silbermöwe ist ein ausgesprochener Küstenvogel, der aber auch entlang der großen Ströme bis weit ins Binnenland vordringt. Lebensräume der Küsten sind Dünen, Gras- und Felshänge, Klippen, Kiesufer, vorgelagerte Inseln, Salzwiesen und wattnahe Wiesen.

Jagd

Der größte Feind der Silbermöwe ist der Mensch, da er sie erlegt oder ihre Eier absammelt, um ihre Bestände zu vermindern. Als Grund für die Verfolgung wird der z.T. erhebliche Einfluss der Silbermöwe auf den Bruterfolg seltener Watvogelarten angeführt. In fast allen Ländern Europas gibt es für Silbermöwen eine Jagdzeit. Früher wurden Möwen ähnlich wie die Rabenvögel durch das Auslegen von Gifteiern getötet.

Zerstörung des Lebensraumes

In ihrem Küstenlebensraum und im Wattenmeer sterben sie immer wieder an Drähten, Stromleitungen, im Straßenverkehr, durch die Anreicherung von Umweltgiften oder durch Verölung ihres Gefieders. Da Abfälle immer weniger zugänglich sind und die Gewässer des Binnenlandes in den letzten Jahrzehnten wieder sauberer geworden sind, hat sich dadurch ihr Nahrungsangebot verringert, was sich ebenfalls in Bestandseinbrüchen bemerkbar macht.

Störungen

In den Brutgebieten der Küsten werden Silbermöwen-Kolonien immer wieder durch Erholungssuche gestört. In den Schutzgebieten sind es eher Säugetiere wie Rotfuchs, Wildschwein und Marderartige, die den Gelegen oder Jungvögeln größeren Schaden zufügen.

Seuchen

Auch Seuchenzüge in den Kolonien können die Bestände vermindern oder zu Massensterben führen. Die wichtigsten Erkrankungen der Silbermöwe sind Salmonellose und Botulismus.

Die in der Vergangenheit erfolgten Abschüsse und Zerstörungen von Silbermöwen-Kolonien durch Einsammeln der Eier haben sich für die Bestandsregulierung als wenig wirkungsvoll erwiesen. Es wurde nicht bedacht, dass Silbermöwen aus anderen Gebieten regelmäßig zuwandern und die Bestände rasch wieder auffüllen. Die Bestände der Silbermöwe werden alleine durch das Angebot an Kolonieplätzen und durch die Menge verfügbarer Nahrung reguliert.

Die meisten Kolonien befinden sich mittlerweile in Schutzgebieten und werden so weniger von Menschen gestört oder bejagt. Da sie ein Kultur- und Zivilisationsfolger ist, hat eine sogenannte Verstädterung der Silbermöwe stattgefunden. Durch die zunehmend milden Winter ist die Wintersterblichkeit gesunken. Werden die bedeutenden Brutgebiete weiter erhalten, sind keine besonderen Schutzmaßnahmen für die Silbermöwe erforderlich.

Systematik

Ordnung: Charadriiformes (Schnepfen-, Möwen- und Alkenvögel)
Familie: Laridae (Möwen)

Aussehen

Die Silbermöwe hat die Größe eines Mäusebussards. Die Männchen sind etwas größer als die Weibchen und werden bis zu 1.400 g schwer, die Weibchen bis zu 1.100 g. Die Männchen haben einen auffälligen, sehr kräftigen Schnabel.

Insgesamt dauert es 3 Jahre, bis das typische Erwachsenengefieder der Silbermöwe ausgebildet ist. Ihr Kopf, ihr Hals und die gesamte Unterseite einschließlich des Schwanzes sind weiß gezeichnet. Die Oberseite des Rückens und der Flügel ist blass blaugrau. Hand- und Armschwingen haben weiße Spitzen, die Handschwingen zusätzlich ein schwarzes Feld, das vor der Spitze liegt.

Der Schnabel ist gelb und hat einen orange-roten Fleck vor der Unterschnabelspitze (Gonysfleck), der allerdings auch fehlen kann. Die Iris des Auges ist zitronengelb, der Lidring gelb bis orange. Die Füße sind rosa-fleischfarben bis gelblich gefärbt. Das Jugendkleid der Silbermöwe ist braun gestreift. Durch helle Säume wirkt das Deckgefieder schuppig gegliedert.

Die Jungtiere haben eine schwarze Iris und einen schwarzen Schnabel. Erst im zweiten Jahr werden Kopf, Brust und Hals weißer und der Rücken sowie die Deckfedern grauer. Stets sind jedoch deutlich braune Streifen oder Flecken zu erkennen. Der Schwanz weist im Jugendalter eine dunkle Endbinde auf, die im Gefieder der erwachsenen Tiere fehlt. Der schwarze Farbanteil der Handschwingenspitzen geht mehr und mehr zurück und wechselt von der Spitze her ins weißliche.

Fortpflanzung

Silbermöwen können in der freien Natur ein Alter von 15 Jahren erreichen; einzelne Tiere wurden nachweislich über 30 Jahre alt. Meist beginnen sie erst ab dem 3. bis 8. Lebensjahr zu brüten. Am häufigsten schließen sich die Partner für eine Brutsaison zusammen. Binden sie sich über Jahre, bleiben sie zumeist auch dem gleichen, erfolgreichen Brutplatz treu.

Die Vögel balzen bereits im Herbst und treffen dann paarweise im Januar/Februar am Brutplatz ein. Vögel, die das erste Mal brüten, erscheinen dort später als die älteren Brutvögel und besetzen die Ränder einer Kolonie. Die eigentliche Kopulation findet vor Beginn der Brut im Februar statt.

Das Männchen scharrt eine Nestmulde und polstert diese mit trockenem Pflanzenmaterial oder Federn aus. Wie manche Rabenvögel oder auch der Rotmilan trägt die Silbermöwe Gegenstände wie Plastikfetzen, Knochen und Muschelschalen zur Nestmulde. Das Nest wird bevorzugt an strukturarmen Kiesstränden angelegt, oft an Treibgut angelehnt oder in der Vegetation versteckt.

Silbermöwen legen ihre Kolonien gerne in Dünen, in wattnahen Grünlandflächen oder in Felsen an. Im Küstenbereich werden auch menschliche Siedlungen als Brutplätze angenommen. Hier finden sich Nester auf Dächern, Schornsteinen oder in Gebäudenischen, die als Felsersatz herhalten.

Die Nestabstände in einer Kolonie sind entsprechend der Körpergröße der Silbermöwe mit mindestens 1,85 m größer als die der kleineren Lachmöwe. Ein geringerer Abstand findet sich nur auf Flächen mit dichterer Vegetation oder wenn sich viele Brutpaare in einer geschlossenen Kolonie befinden.

Silbermöwen verteidigen ihr Nest und dessen unmittelbare Umgebung nachdrücklich. Erst Mitte April/Anfang Mai beginnen sie, 2 – 4 Eier im Abstand von 2 – 3 Tagen abzulegen. Nach ca. einer Woche ist das Gelege vollständig. Bereits nach Ablage des ersten Eies beginnen sie zu brüten, wobei sich beide Partner regelmäßig abwechseln. Verlieren sie ihr Gelege, können sie 2 – 3 Nachgelege tätigen, allerdings erst 1 – 2 Wochen später. Da sie sofort nach Ablage das erste Ei bebrüten, dauert es bis zu 3 Tage, bis alle Jungtiere geschlüpft sind.

Die Jungen sind sogenannte Platzhocker, d.h. sie verlassen ihr Nestrevier zunächst nicht. In den ersten 2 – 3 Wochen werden sie von den Altvögeln regelrecht bewacht, indem einer der beiden Altvögel ständig am Nest bleibt. Sind die Wetterbedingungen schlecht, werden sie bis zu 18 Tage gehudert, also unter den Flügeln der Eltern gewärmt. Auch wenn sie flügge sind, bleibt die Familie noch mehrere Wochen zusammen.

Nahrung

Silbermöwen suchen ihre Nahrung in einem Umkreis von 30 km und mehr. Dabei nutzen sie alle Ressourcen, wie z.B. das Watt, Viehweiden, Äcker, verschiedene Grünlandgebiete, überschwemmte Flächen, Fischereihäfen, Kanäle, Einleitungen und andere Stellen. Als sogenannter Kultur- und Zivilisationsfolger begleitet sie Fischkutter oder Passagierschiffe, um die dort anfallenden Abfälle zu ergattern.

Bei Niedrigwasser suchen sie das Watt, Küstenstreifen und Hafenbecken auf, wo Seesterne, Krabben, Garnelen und Miesmuscheln zu finden sind. Im flachen Wasser können Silbermöwen wie Enten gründeln, d.h. sie tauchen ihren Kopf ins Wasser, strecken den Schwanz in die Höhe und tauchen kurzzeitig mit dem ganzen Körper unter. Fische, die einen großen Teil der Nahrung ausmachen, erbeuten sie im Sturzflug.

Bei Flut weichen sie ins Binnenland oder auf die Salzwiesen und Äcker im Küstenbereich aus, um Nahrung zu suchen. Zur Brutzeit ernähren sie sich von anderen Vögeln und deren Eiern, in guten Mäusejahren von Kleinsäugern. Im Winter fressen sie vermehrt Aas, Abfall und auch Kleinsäuger. Große Beutetiere werden aufgehackt und zerteilt, kleinere ganz verschluckt. Herz- und Miesmuscheln, aber auch Krabben werden aus der Luft auf Felsen fallen gelassen, damit die Hartschalen zerspringen und sie an deren Inhalt gelangen. Sie versuchen, auftauchenden Wasservögeln Beute aus dem Schnabel zu reißen.

Silbermöwen schmarotzen bei anderen Arten und bei Artgenossen. Sie plündern Nester eigener Artgenossen und anderer Arten. Zusätzlich jagen sie kleinere Vögel. Silbermöwen würgen vorverdaute Nahrung aus dem Kehlsack und dem Vormagen aus, um ihre Jungen – anfangs mit kleinen Brocken – zu füttern. Die unverdaulichen Nahrungsreste wie Gräten, Knochen und Fellreste von Kleinsäugern oder Aas werden wieder ausgespien.

Natürliche Feinde

Silbermöwen sind sehr groß und können sich gut verteidigen, weswegen sie nur wenige Feinde haben. Vor allem der Fuchs, aber auch Wildschwein und Wanderratte können ganze Kolonien zerstören, indem sie Eier und Küken räubern. Wanderfalke und Seeadler sind in der Lage, Altvögel zu schlagen. Durch Eierraub und innerartlichen Stress können Silbermöwen oftmals nicht erfolgreich zu Ende brüten.

Verhalten

Silbermöwen sind sowohl tag- als auch nachtaktiv. Sie können meisterhaft fliegen, wobei sie gerne im Aufwind segeln. Sie sind ausdauernde Schwimmer und können sich auch an Land schnell fortbewegen.

Die Tiere sind das ganze Jahr über gesellig. In den Trupps der Silbermöwen steht normalerweise ein älteres Männchen an der Spitze der Hackordnung, was die Zahl der Auseinandersetzungen deutlich vermindert und die gemeinsame Jagd erleichtert.

Zwischen den Gebieten, in denen geschlafen und jenen, in denen gejagt wird, können viele Kilometer liegen. Silbermöwen suchen gerne einen erhöhten Aussichtspunkt auf, der einen Rundumblick gewährt. Diese Stelle hat für alle Koloniemitglieder eine wichtige soziale Bedeutung. Hier versammeln sie sich immer wieder, hier finden Paarungen statt, sammeln sich Brutpaare oder später Altvögel mit ihren Jungen. Die Vögel, die nicht brüten, haben ihre Ruheplätze außerhalb der Kolonien.

Außerhalb der Brutzeit und in der Phase, bevor sie Eier legen, fliehen Silbermöwen vor ihren Feinden. Sobald sie brüten oder Junge haben, greifen sie diese jedoch mit Angriffssturzflügen an. Die Koloniemitglieder verteidigen sich hier gemeinschaftlich.

Die Jungmöwen ziehen meist später aus dem Brutgebiet und auch deutlich weiter nach Süden als die Altvögel. Ist das Wetter im Herbst noch mild, wird der Zug später begonnen, so dass einzelne Tiere erst im November im Überwinterungsgebiet eintreffen. Da die Winter in den vergangenen Jahren zunehmend mild verlaufen sind, bleiben immer mehr Tiere im Brutgebiet oder dessen Umgebung und flüchten kurzfristig, wenn der Winter einsetzt. Bereits im Januar/Februar fliegen Silbermöwen wieder ins Brutgebiet zurück.

Der typische Ruf der Silbermöwe ist ein lautes und durchdringendes „kjiiau kjiiau, kjau kjau“.