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Bekassine

Bekassine (Gallinago gallinago)
Rote Liste 2007: Kategorie 1 (vom Aussterben bedroht)

Weltweit ist die Bekassine nicht im Bestand bedroht, im gesamten mitteleuropäischen Verbreitungsgebiet gab es jedoch aufgrund von großflächigen Lebensraumverlusten seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts starke Bestandseinbußen. Um auf seine Gefährdung aufmerksam zu machen, wurde die Bekassine zum Vogel des Jahres 2013 ernannt.

Die Bestände der Bekassine unterliegen natürlichen Schwankungen. Vor allem sind sie abhängig von dem von Jahr zu Jahr unterschiedlichen Zuständen der Brutreviere, z.B. der stark wechselnden Bodenfeuchte nach Überschwemmungen. Seitdem großflächige Meliorationsmaßnahmen durchgeführt werden, verschwanden je nach Region über 75 % der ehemaligen Bestände.

Stabile Populationen beschränken sich heutzutage im Wesentlichen nur noch auf Schutzgebiete. Mit anhaltendem Arealschwund kommt es zunehmend zur Isolation von Lokalpopulationen. Derzeit leben in Europa etwa  930.000 – 1,9 Mio Brutpaare (Bauer et al. 2005). Der Bestand nimmt jedoch weiter dramatisch ab. In vielen Gegenden Europas brütet die Bekassine nur noch unregelmäßig. Der derzeitige Gesamtbestand in Deutschland liegt bei 5.500 bis 8.500 Brutpaaren (Sudholdt et al. 2013).

Feuchtgebiete

Die Bekassine bewohnt sumpfiges Gelände, verlandende Seen und Teiche, nasse Wiesen sowie Hoch- und Niedermoore mit dichter, niedriger Vegetation. Der optimale Neststandort zeichnet sich durch büschelartig wachsende Gräser, Zwergsträucher oder Seggenbulte aus. Auch Brachflächen mit ähnlichen Strukturen sind Bestandteile der Brutreviere. Einzelbäume oder Büsche werden als Übersichtswarten genutzt.

Selbst kleine, sumpfige Stellen im Kulturland können besiedelt werden. Auf dem Zug sucht die Bekassine Schlammflächen, Niedrigwasserstellen und vorübergehende Feuchtstellen wie Überschwemmungswiesen oder Wasserlöcher, die Deckungsmöglichkeiten in der Umgebung bieten, auf.

Bevorzugtes Nahrungsbiotop sind ganzjährig feuchte Wiesen, die zum Teil unter Wasser stehen. Der Boden darf nicht zu fest und nur mit niedriger, nicht zu dichter Vegetation bedeckt sein. Um Magensteinchen, die zur Zerkleinerung von fester Nahrung im Muskelmagen dienen, aufnehmen zu können, sind offene Bodenstellen wichtig.

Die Bekassine brütet in Amerika, Europa und Asien. Sie ist mit einer südlichen Grenze von Südfrankreich in östlicher Richtung quer durch das südliche Mitteleuropa bis an den Pazifik verbreitet. Im Norden erreicht sie den 72. Grad Nord.

Zerstörung des Lebensraumes

Die Verbreitungsgebiete der Bekassine im Binnenland sind durch menschliche Einwirkungen stark bedroht. So führen Absenkungen des Grundwassers, Grünlandumbruch, Grünlandverlust als Folge des Kiesabbaus, Verbauung der Auen und Überdüngung von Wiesen zu Lebensraumverlusten.

Extensiv bewirtschaftetes Grünland geht der Bekassine entweder durch Intensivierung oder durch Aufgabe der Nutzung als Lebensraum verloren. Da die Böden erst entwässert und dann durch häufiges Befahren mit schweren Maschinen verdichtet werden, Kleinstrukturen wie Vertiefungen oder Büschelwuchs von Gräsern durch die vielen Bearbeitungsgänge verloren gehen und die Mahd zu früh und zu häufig durchgeführt wird, wird die Bekassine immer mehr aus ihren Brutgebieten im Feuchtgrünland vertrieben.

Wenn die Nutzung von Feuchtwiesen unterbleibt, entwickeln sich schnell sehr hohe Pflanzenbestände, u.a. durch Pioniergehölze wie Birke und Weide. Gehölzreiche, dichte Flächen meidet die Bekassine.

In den Schutzgebieten der Wiesenbrüter, die relativ klein sind oder in den Mittelgebirgen in größerer Höhe liegen, kann sich die Bekassine nicht in ausreichendem Maße fortpflanzen, um die Bestandseinbußen in anderen Gebieten auszugleichen. Insgesamt sind die noch vorhandenen Populationen nicht mehr in der Lage, sich ausreichend zu vermehren.

Jagd, Störungen

Auf dem anstrengenden Flug und in den Überwinterungsgebieten kommen immer wieder Tiere ums Leben. Ursachen sind u.a. Bejagung und Lebensraumverlust.
In den noch verbliebenen Brutgebieten können auch menschliche Störungen eine Ursache für Bestandsverluste sein. Beispiele sind freilaufende Hunde, das Überfahren von Gelegen, das Auskühlen und der Verlust von Eiern infolge von Störungen des Brutgeschäfts.

Folgende Maßnahmen tragen zum Schutz der Bekassine bei:

Habitatgestaltende Maßnahmen

  • Erhalt und Schutz noch intakter, extensiv genutzter Feuchtgrünländer, Flussniederungen und Moore: Verzicht auf Drainage o. a. Eingriffe in den Wasserhaushalt von Feuchtgebieten,
  • Wiedervernässung ehemaliger Feuchtwiesen, Anlage von Flachteichen, Renaturierung von Hochmooren, Vernetzung von Bruträumen,
  • Herausnahme von Grenzertragsböden und Niedermooren aus der Intensivnutzung,
  • Habitatpflege (extensive Nutzung und Mahd) einschließlich Verhinderung von Sukzession (z. B. Entbuschung) und
  • Anpassung von Pflegeterminen (z. B. Mahd) an die Brutzeit

Reduktion von Störungen

  • In Brutgebieten der Bekassine Einhalten von Wegegeboten, Anleinpflicht für Hunde befolgen.

Daneben ist auch die Reduktion der Bejagung der Bekassine in ihren Durchzugs- und Überwinterungshabitaten von Bedeutung.

(Bauer et al. 2005)

Systematik

Ordnung: Charadriiformes (Schnepfen-, Möwen- und Alkenvögel)
Familie: Scolopacidae (Schnepfen)

Aussehen

Die Bekassine hat die Größe einer Misteldrossel, eine braune Oberseite und einen überkopflangen, geraden Schnabel sowie verhältnismäßig kurze Beine. Das Gefieder von Männchen und Weibchen unterscheidet sich nicht. Es ist auf dunkelbraunem Grund rostbraun und rahmfarben gezeichnet. Über den Rücken verlaufen 2 – 4 hell rostbraune Streifen. Auf dem Kopf befindet sich ein heller Scheitelstreif, der von 2 dunkelbraunen Längsstreifen gesäumt ist. Der Hals und die Vorderbrust sind braun gestrichelt, das Bauchgefieder ist an den Seiten quergebändert, die Unterseite ist weiß. Ruhe- und Jugendkleid gleichen dem Brutkleid.

Fortpflanzung

Ab Mitte März treffen Bekassinen an ihren Brutplätzen in Mitteleuropa ein. Die Männchen beginnen unverzüglich mit ihren Balzflügen, mit denen sie ihren Revieranspruch verkünden. In den höheren Lagen der Mittelgebirge erreicht die Balz – je nach Länge des Winters – ihren Höhepunkt oft erst im Mai. Noch bis in den Juli hinein sind dann die Balzflüge zu sehen und das meckernde Fluggeräusch zu hören. Ein Männchen kann durchaus mehrere Weibchen begatten, obwohl es üblicherweise nur einem ausgesuchten Weibchen bei der Aufzucht der Jungtiere einer Brutsaison hilft.

Das Nest steht in der Regel gut versteckt an einer trockeneren Stelle in feuchtem Terrain. Von oben her ist das Gelege meist durch überhängende Halme vor unerwünschtem Einblick geschützt. Das Weibchen wählt gerne einen Nistplatz aus, der im Gras, zwischen Zwergsträuchern oder an Grabenrändern liegt. Die Bekassine legt die flache Nestmulde teils noch während sie die Eier ablegt, mit einigen trockenen Halmen aus. Sie beginnt im April/Mai mit dem Legen der Eier und brütet in der Regel nur einmal im Jahr. Nachgelege sind möglich. Im Abstand von jeweils 24 Stunden legt sie 4 Eier. Nach Ablage des vorletzten oder letzten Eies beginnt sie mit der Bebrütung. Das Weibchen brütet alleine 19 – 20 Tage lang.

Die Jungen verlassen bald nach dem Trockenwerden des Gefieders das Nest. Sie werden von beiden Eltern geführt und in den ersten Lebenstagen auch gefüttert. Bei drohender Gefahr locken die Altvögel den Feind vom Nest und den Jungtieren weg, indem sie sich auffällig krank stellen und ihren Schwanz spreizen. Gelegentlich teilen sich Männchen und Weibchen die Führung der Jungtiere, die dann in zwei Gruppen aufgeteilt werden. Im Alter von 4 Wochen sind die Jungen flügge.

Nahrung

Bekassinen ernähren sich vor allem von Schnecken, Krebstieren, Regenwürmern, Insekten; auch kleine Pflanzenteile und Sämereien gehören auf ihren Speiseplan. Zur Wahrnehmung der Beute im Boden hat sie ein besonderes Sinnesorgan an der Schnabelspitze. Letztere ist separat abspreizbar und damit in der Lage, sich bei noch im Boden steckendem Schnabel zu öffnen und Beute zu umfassen.

Natürliche Feinde

Als Bodenbrüter unterliegt die Bekassine vielfältigen Gefahren. Besonders in Wiesen ist der Druck von Feinden, vor allem durch die zahlenmäßig stark zugenommenen Wildschweine, sehr groß. Andere Gelegeräuber sind Fuchs, Marderhund, Dachs, Waschbär, Marder, Rabenvögel, Ratten und Igel. Feinde der Altvögel können Sperber, Habicht oder Wanderfalke sein.

Verhalten

Die Bekassine ist ein tag- und vor allem dämmerungsaktiver Vogel. Auch in weniger dunklen Nächten kann man gelegentlich ihren Gesang oder ihr Fluggeräusch hören.

Aufgrund ihres charakteristischen Balzflugs hat sie den Namen „Himmelsziege“ bekommen. Mit schnellen, hastigen Flügelschlägen fliegt das Männchen schräg nach oben und kippt dann plötzlich im 40° Winkel ab. Während es abstürzt, streicht die Luft durch seine abgespreizten, jeweils äußeren Steuerfedern und versetzt sie in Vibration. Dadurch entsteht ein Fluggeräusch, das als so genanntes „Meckern“ bezeichnet wird. Das Weibchen, das in der Vegetation sitzt, antwortet dem fliegenden Männchen mit dem typischen Ruf „tücke tücke tücke“.

Beobachtet man den Ausdrucksflug und hört den Gesang im März/April, spricht das jedoch nicht unbedingt auch für ein besetztes Revier. Erst wenn der Ausdrucksflug und Gesang im Mai/Juni noch zu beobachten und zu hören sind, kann man von einem besetzten Revier und einer Brut ausgehen.

Bei Gefahr versteckt sich die Bekassine und fliegt erst im letzten Moment mit einem heiseren „ätsch“ und in einem raschen Zick-Zack-Flug auf. Sitzen die Tiere am Boden oder auf einer Warte, lassen sie ein gleichmäßiges „tücke tücke tücke“ hören.

Die Bekassine zeigt, ähnlich der Waldschnepfe, eine interessante Verhaltensweise. Sie ist in der Lage, Jungtiere fliegend zu transportieren, indem sie sie einzeln zwischen Schnabel und Körper mit gegen die Unterseite gepresstem Schnabel einklemmt. Dies hilft insbesondere dabei, Jungtiere aus gefährlichen Situationen zu retten.

Die Bekassine ist – je nach Lage ihres Brutgebiets – ein Vogel, der entweder das ganze Jahr über im gleichen Gebiet lebt oder auf den Zug geht. Wird sie nach ihrer Ankunft im Brutgebiet von winterlichen Temperaturen und geschlossener Schneedecke überrascht, weicht sie nochmals in nah gelegene, mildere Gebiete aus. Bessern sich zwischenzeitlich die Witterungsverhältnisse, dann erfolgt die Besetzung der Brutreviere in der Folge sehr rasch.

Sie verlässt ihr Brutgebiet ab August, noch im Spätherbst kann man bei uns durchziehende Tiere sehen. Sie fliegt in breiter Front vor allem in westliche oder südwestliche Richtungen, wobei sich einige Tiere an den Küsten orientieren und dort dann des Öfteren zu beobachten sind.

Ihrem großen Verbreitungsgebiet entspricht ein ebenso großes Überwinterungsgebiet. Brutvögel aus Nordeuropa überwintern zum Teil schon auf den Britischen Inseln und in Westeuropa. Weitere Überwinterungsgebiete sind die Mittelmeerländer und der afrikanische Kontinent bis zum Äquator. Der Heimzug verläuft eher unmerklich ab März bis in den Mai.