Auerhuhn
Auerhuhn (Tetrao urogallus)
Andere bekannte Namen: Urhahn, Großer Hahn
Rote Liste Deutschland 2007: 1 (vom Aussterben bedroht)
Das Auerhuhn ist der größte Hühnervogel Europas und sehr scheu. In Europa unterliegt das Auerhuhn bereits seit dem 19. Jahrhundert großräumig drastischen Bestandsrückgängen. In Deutschland gibt es nur noch wenige Reliktvorkommen, z.B. im Nordschwarzwald, Fichtelgebirge, Elbsandsteingebirge, Harz und im Thüringer Schiefergebirge. Der derzeitige Gesamtbestand in Deutschland liegt bei 750 bis 1.200 Brutpaaren (Sudholdt et al. 2013).
Das Auerhuhn gehörte früher zum Hochwild und durfte nur vom Landesherrn gejagt werden. Derzeit unterliegt es in Deutschland noch dem Jagdrecht und genießt eine ganzjährige Schonzeit.
Wald
Als ursprünglicher Taiga-Bewohner fand das Auerhuhn in Deutschland ausreichend Lebensraum. Es lebte in lichten Eichen-Kiefern-Zwergstrauchwäldern, in Moorheiden, im Niederwald und in großen, naturnah aufgebauten Nadelwäldern, die zu allen Jahreszeiten Äsung und Deckung boten. Das Auerhuhn besiedelte einen breiten Waldgürtel, der sich quer durch Deutschland zog (Spessart, Odenwald, Hessisches Bergland, Rhön, Thüringer Wald etc.).
Heute kommt es noch in Nadel- und Mischwäldern in Mittel- und Hochgebirgen vor, die ein nicht mehr zusammenhängendes Verbreitungsgebiet in Mittel- und Nordeuropa bilden. Auerhühner benötigen offene Sandböden als Staubbadeplätze bzw. zur Aufnahme von Magensteinchen, mindestens 30 % Flächenanteil im Revier mit lichtem Altholz für die Balz, eine enge Verzahnung von Balz-, Deckungs- und Nahrungsgebieten und durch günstigen Altersklassenaufbau eine kleinmosaikartige Verteilung von Mikrostrukturen. Beerentragende Sträucher und Ameisenhaufen in lückigen, älteren Nadelwaldbeständen bieten im Sommer eine gute, wetterunabhängige Nahrungsgrundlage.
Auerhühner sind durch verschiedene Gefährdungsursachen vom Aussterben bedroht:
- Aufgrund der intensiven Forstwirtschaft sind mittlerweile die meisten Reviere nicht mehr als Lebensraum geeignet. Durch die Förderung von einschichtigen Altersklassenwäldern aus Fichte, Douglasie und Buche geht die Beerstrauchschicht, die vielfältigen Kleinstrukturen und der Insektenreichtum am Boden verloren.
- Mit der veränderten Waldnutzung haben in vielen Gebieten auch die Waldameisen stark abgenommen, die für die Nahrungsversorgung der Auerhühner sehr wichtig sind.
- Während der Umbauphasen in noch vom Auerhuhn besiedelten Waldgebieten haben sich viele Tiere an Forstkulturzäunen totgeflogen.
- Die Aufdüngung des Waldbodens durch Stickstoffeinträge aus der Luft verändert die Bodenvegetation. Beerkrautgesellschaften werden durch Grasfluren verdrängt.
- Eine zunehmende Erschließung durch Wegebau bringt Störungen in die Waldbestände. Störungen im Winter können zu Energieengpässen führen, da die bei der Flucht eingesetzte Energie durch die vergleichsweise minderwertige Winternahrung kaum ausgeglichen werden kann. Wiederholte Störungen können zu einer Schwächung der Tiere oder in strengen Wintern sogar zu deren Tod führen.
- Auch Störungen zur Balzzeit können indirekt Einfluss auf die Vermehrung haben. Wird z.B. durch Skiläufer abseits der Pisten der Balzbetrieb gestört, werden unter Umständen die Hennen nicht zeitgerecht begattet und schreiten damit nicht zur Brut.
- In Ländern mit derzeit noch beachtlichen Beständen des Auerhuhns werden vor allem ranghohe Hähne geschossen. Dies hat Auswirkungen auf die gesamte Population, weil das Geschlechterverhältnis ungünstig verschoben wird und eine intakte Sozialstruktur verloren geht.
- Das Auerhuhn zeigt auch bei häufigen Begegnungen kaum eine Gewöhnung an den Menschen und hat eine Fluchtdistanz von bis zu 500 Metern.
Um die vorhandenen Auerhuhnbestände zu erhalten, ist die Sicherung ihrer Biotope notwendig. Hierbei handelt es sich um Moorränder und Übergangsmoore sowie insbesondere Wälder mit offener, lichter Struktur und vielen inneren Grenzlinien (Kleinstrukturen), mehrschichtige Wälder, vor allem mit gut ausgebildeter Zwergstrauchschicht sowie großflächige, wenig fragmentierte Waldlandschaften.
Ebenso wichtig ist es, verschiedene Maßnahmen zum Schutz des Auerhuhns zu ergreifen.
- So sollte auf Kahlschläge in geschlossenen Altholzkomplexen verzichtet sowie dichte Bestockungen und uniforme Monokulturen vermieden werden.
- Insbesondere Besucherströme von Erholungssuchenden müssen gelenkt werden, um Beunruhigungen der Lebensabläufe des Auerhuhns zu minimieren.
- Eine erfolgreiche Besiedlung wird erreicht, wenn der Grenzlinienanteil durch besondere Einschlagsmaßnahmen erhöht, Wege rückgebaut, auf Drahtzäune im Wald verzichtet wird und forstliche Maßnahmen auf das Winterhalbjahr verlagert werden.
- Reduktion des Schalenwildbestandes zur Minimierung von Verbiss und Schälschäden. Die Notwendigkeit einer Reduzierung natürlicher Feinde, deren Bestände teilweise angestiegen sind, wird unterschiedlich beurteilt.
Systematik
Ordnung: Galliformes (Hühnervögel)
Familie: Tetraonidae (Raufußhühner)
Aussehen
Auerhähne erreichen mit 3 – 6,5 kg die Größe einer Gans oder eines Truthahns, die Hennen erreichen maximal 2,5 kg, was dem Gewicht eines Haushuhns entspricht.
Der Hahn hat ein dunkelgraues bis schwarzes Gefieder. Die Kehle ist lang befiedert (Kehlbart) und der Schnabel des erwachsenen Hahns ist beige. Auf der Brust hat er einen metallisch grün schillernden Fleck. Die Flügel sind dunkelbraun. Der Fleck auf der Schulter und in unterschiedlicher Ausprägung das Gefieder auf der Bauchmitte und den unteren Schwanzfedern sind weiß. Individuell verschieden ist die weiße Sprenkelzeichnung im oberen Drittel der großen Schwanzfedern. Bei jungen Hähnen sind die Schwanzfedern (Schaufeln) am Ende abgerundet und wesentlich kürzer und schmäler als bei Althähnen.
Die Hennen sind wie alle Weibchen der Bodenbrüter tarnfarbig braun und weisen einen auffallenden rostbraunen Brustfleck auf. Der Schnabel ist dunkel hornfarben, die Rosen über dem Auge sind, im Gegensatz zu denen der Hähne, sehr klein.
Im Flugbild fallen der lange gerundete Schwanz und das Fehlen einer hellen Flügelbinde auf, bei der Henne wird eine schwarze Endbinde am Schwanz sichtbar.
Auch das Auerhuhn bildet wie das Birkhuhn beiderseits der Zehen zu Hornstiften umgebildete Federn aus. Diese bilden sich zum Herbst hin und werden im Frühjahr mitgemausert. Sie dienen der Vergrößerung der Trittfläche, um im Schnee weniger einzusinken.
Fortpflanzung
Bereits im auf die Geburt folgenden Frühjahr erlangen die Auerhühner ihre Geschlechtsreife. An der Balz nehmen die vorjährigen Hennen bereits teil, während Junghähne in einer gesunden Populationen frühestens im 3. oder 4. Lebensjahr zur Begattung kommen. In der Regel wählen die Hennen zur Begattung nur den ranghöchsten Hahn aus und zeigen dabei oft besondere Treue zu einem bestimmten Hahn und Balzplatz.
Balzplätze liegen an Stellen, die sowohl eine übersichtliche Plateaulage am Boden als auch weitkronige Bäume in der Umgebung aufweisen. Gute Balzplätze werden über Jahrzehnte benutzt und liegen meist auf Kuppen, Hochplateaus oder an lichten Hangbereichen. Balzreviere, die gute Balzplätze beinhalten, werden meist von den ranghöchsten Hähnen besetzt und sind über 10 ha groß.
Die Brutplätze liegen oft in unmittelbarer Nachbarschaft der Balzplätze und weisen reiche Schutzmöglichkeiten für das Nest auf. Das Bodennest wird versteckt in höherer Vegetation angelegt, gerne unter Zwergstrauchbulten, an Wurzelanläufen der Bäume (nahe am Stamm) oder zwischen Grasbüscheln. Die Nestmulde wird einfach ausgescharrt und enthält kaum Nistmaterial.
Die Henne startet mit dem Ablegen der Eier je nach Witterungsverlauf im Frühjahr nach Ende der Balz zwischen Ende April und Anfang Juni. Die Henne brütet allein 26 – 28 Tage, beginnend ab dem vorletzten Ei. Die Henne verlässt das Gelege nur selten und für kurze Zeit, um Nahrung aufzunehmen und die sogenannte Brutlosung (Kot) abzugeben. Diese ist deutlich größer als die sonst übliche Walzenlosung, da sie in viel längerem Abstand abgegeben wird.
Die Küken verlassen bereits am ersten Tag das Nest (Nestflüchter), sind aber noch bis zu 3 Wochen auf das Wärmen (Hudern) der Henne angewiesen. Nach etwa 3 Monaten sind die Jungen selbständig und die Mutterfamilie löst sich auf. Im Herbst kommt es bei einer guten Nachwuchsrate zu einer Herbstbalz.
Wohngebiete der Hähne können über 60 ha groß sein, sie können überlappen und schließen mehrere Hennenreviere mit ein. Hennenreviere dagegen überschneiden sich nicht; jede Henne benötigt ein ausreichend großes Streifgebiet (45 ha) für die Aufzucht der Jungen.
Nahrung
In der Vegetationszeit ernähren sich die Auerhühner von Pflanzenteilen (Knospen, Triebe, Blätter, Samen und Früchte) und von Insekten und Kleintieren (Ameisen, Käfer, Spinnen, Schnecken), welche sie auf dem Waldboden finden. Dabei kommt ihnen ein Biotop mit reichem Unterwuchs aus Beerensträuchern wie Heidelbeere und Preiselbeere und mit besonnten, demzufolge zur Anlage von Ameisenbauten geeigneten Stellen sehr zugute. Eine durchgängige Versorgung mit eiweißreicher Kost ist nur gewährleistet, wenn eine große Vielfalt verschiedener Insektengruppen vorhanden ist.
Im Winter steigen die Auerhühner auf Baumnahrung aus Kiefernnadeln, Baumknospen und Trieben um. Eine Vielzahl von Baum- und Straucharten werden genutzt. Reife Früchte von Himbeere, Brombeere, Heidel- und Preiselbeere, aber auch Getreidekörner waldrandnaher Felder nehmen sie gerne zu sich. Die Nahrung wird Mithilfe von Magensteinchen im harten Muskelmagen zerrieben und für die Verdauung vorbereitet. Pro Tag wird der Kropf 2 – 3 mal gefüllt.
Natürliche Feinde
Natürliche Feinde in Mitteleuropa sind Luchs, Fuchs, Marder, Habicht, Uhu und Steinadler. Das Gelege ist willkommene Beute von Wildschwein, Dachs, Waschbär und Krähenvögeln. Ist das Wetter zur Aufzuchtszeit regenreich und kühl, können viele Küken leichter durch Krankheiten und Parasiten geschwächt werden sterben.
In der Natur unterliegen Raufußhuhnpopulationen, vor allem aufgrund klimatischer Faktoren, natürlichen Bestandsschwankungen. In mehreren aufeinanderfolgenden Jahren mit guten Lebensbedingungen sind sie durchaus in der Lage, ihre Bestände zu vergrößern, die in schlechten Jahren genauso schnell wieder zusammenzubrechen können.
Verhalten
Das Auerhuhn ist außerhalb der Balzzeit hauptsächlich tagaktiv. Der Hahns ist während seiner territorialen Phasen im Frühjahr und Herbst dämmerungsaktiv und grenzt sein Revier akustisch mit einem charakteristischen Gesang ab. Dabei erzeugt er einen gluckernden Kehlkopflaut und er wetzt seinen Schnabel.
Auerhühner fliegen ungern weite Strecken, können sich bei Herannahen eines Feindes meisterhaft in der Vegetation verstecken und schlafen gerne auf Bäumen. im Winter bilden sich kleine, meist gleichgeschlechtliche Gruppen, die nur wenig beständig sind.